King Khan and the Shrines haben am Dienstagabend in Stuttgart eine Voodoo-Soul-Garage-Rock-Party der allerwildesten Sorte gefeiert. Unsere Autorin versucht, den Abend in Worte zu fassen ...

Stadtkind: Tanja Simoncev (tan)

Stuttgart - Was für ein Abend, was für eine Band, was für eine Show! Es ist nicht gerade leicht, nach dem Konzert von King Khan and the Shrines einen klaren Gedanken zu fassen. Kopfschüttelnd kann man sich nur diese eine Frage stellen: "Wie geil war das denn?" Und dann heißt es erstmal, 'ne Runde drauf klar kommen - auf dieses Feuerwerk an Genialität, auf Musikkompositionen, die ihresgleichen suchen, auf einen Frontman, der die Begriffe "Entertainer at its best" für sich gepachtet hat.

 

Wahnsinn. King Khan and The Shrines sind definitiv mehr als eine psychedelische Soul-Band oder eine mittelalterliche Garage-Rock-Kombo, ja, gewiss. Ihre Bühnenshow schreibt schon jetzt Geschichte, das steht fest. Die Männer um die 40 sind ein achtköpfiges Künstler-Phänomen und definitiv eine der unterhaltsamsten Musikgruppen unserer Zeit - was sie vor gut zwei Jahren im Goldmark's und am Dienstagabend im Club Cann unter Beweis stellen.

Fakten, Freaks, Furore

Doch wer ist dieser Freak mit den Krauselocken? Was hat es mit dem achtköpfigen Orchester auf sich? Und wie ist diese Band überhaupt entstanden? Wer King Khan and the Shrines nicht kennt, weiß die crazy Combo zunächst nicht so recht einzuordnen. Fakt ist, dass Deutschland beim Zusammenfinden der Band eine wichtige Rolle spielte und auch heute noch Tour-Ausgangs- und sogar Lebensmittelpunkt der Jungs ist.

Arish Ahmad Khan, wie King Khan mit bürgerlichem Namen heißt, führte die Liebe Ende der Neunziger nach Kassel. Damals war der gebürtige Kanadier zarte 22 Jahre alt, mit Leichtigkeit im Herzen, voller Tatendrang und jugendlichem Leichtsinn. So rief er an Ort und Stelle das Projekt King Khan and the Shrines ins Leben. Mittlerweile lebt er in Berlin, wo auch das aktuelle Album, „Idle No More“, aufgenommen wurde, das - ganz nebenbei - von Kritikern als stärkstes Werk der Band in den Himmel gelobt wurde. Hinzu kommt, dass es bei einem der weltweit größten Indie-Labels, und zwar Merge Records in North Carolina, erschienen ist und vielleicht auch deshalb ein bisschen mehr für Furore sorgte.

Dig up the Trash, Motherfuckers

Genau dieses 2013 erschienene Meisterwerk steht auch im Mittelpunkt der Konzert-Show, neben Songs des älteren Albums "What is?!" Schon die Vorband Tracy Bryat aus Los Angeles hat alles gegeben - der Schlagzeuger etwa hat sich so in Rage gespielt, dass ihm sämtliche Gesichtszüge entglitten sind. Und dann sind auch der indo-kanadische Paradiesvogel mit Federboa im Haar und seine Boys von der ersten Minute an da - lautstark, ekstatisch, abgefahren.

Und genau das erwartet King Khan, der übrigens wie Voodoo-Vorbild Screamin' Jay Hawkins daherkommt, auch von seinem Publikum. "Alright Stuttgart, I wanna see your dance skills", ruft der Entertainer bereits nach den ersten Songs in die Menge. Um dem ganzen noch mehr Ausdruck zu verleihen, scheut er sich auch nicht, einen kurzen Abstecher zu seinen Fans zu machen und mit ihnen, Seite an Seite, zu tanzen.

Auch der Keyboarder folgt dem Aufruf des Kings und spaziert mit seinem Instrument durch die Menschenmenge, als würde er eine Computertastatur durch die Gegend tragen. Verrückt. In der Folge verlieren die Fans jegliche Hemmungen und shaken alles, was sie dabei haben. Dazu ruft der Frontmann "Dig up the Trash, Motherfuckers", "It's time to freak out" und "Let's get a little romantic".

Es wird getanzt, geknutscht, geschrieen. Erstklassig. Doch zwischen dem ganzen Friede-Freude-Eierkuchen-Feuerwerk schneidet King Khan auch ernste Themen wie Rassismus, Drogenmissbrauch und Tod an. So widmet der King Songs wie "Darkness" (anmoderiert mit den Worten: "We are not anti drugs, we are anti death") verstorbenen Freunden oder macht auf den Dokumentarfilm "The Invaders" aufmerksam. Dieser handelt von der Black-Power-Jugendbewegung namens „The Invaders“, einer militanten Bürgerrechtsgruppe, die 1968 in Memphis aktiv war.

Und zu guter Letzt erzählt der Sänger noch von Martin Luther King, der wohl ein großer Star-Trek-Fan war und seine Kinder nur diese Sendung schauen ließ - weil im Weltall alle gleich sind. Ein Grund mehr für King Khan, bei der Zugabe halbnakt auf der Bühne zurückzukommen und sich einfach nur des Lebens zu freuen.


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