Ava DuVerney, die selber mit am Drehbuch schrieb, legt viel Wert darauf, King und seine Weggefährten als selbstbewusste Akteure und nicht als Abhängige einer von Weißen dominierten Politik darzustellen. Ihre Strategie dahinter ist klar, nur so kann sie die Bürgerrechtler von der Opferidentität ablösen, die bis heute ihre historische Wahrnehmung bestimmt. Kings Auseinandersetzung mit Lyndon B. Johnson interpretiert DuVerney allerdings zu Ungunsten des Präsidenten, was ihr bereits die Kritik amerikanischer Historiker einbrachte. Johnson soll von Anfang an Kings Engagement für die „Voting Rights Bill“ unterstützt und nicht, wie im Film dargestellt, vor einer raschen Umsetzung des Gesetzes gezaudert haben.

 

David Oyelowo spielt King überzeugend als Mann mit strengen Prinzipien und menschlichen Fehlern, der über die Jahre im Kampf müde geworden ist, sich trotzdem aber Höchstleistungen abverlangt. Allerdings durften Webb und DuVerney keine der bekannten Originalreden im Wortlaut verwenden. Die King-Erben hatten die Rechte bereits an ein konkurrierendes Projekt des Produzenten Steven Spielberg verkauft. Oyelowo macht Kings Gabe der brillante Rede trotzdem erlebbar.

Mut zur Hässlichkeit

Manches wirkt bis heute nach

Im Kontrast zu Oyelowos einfühlsamem, naturalistischem Spiel legt der Schauspieler Tim Roth Kings größten Widersacher, den Gouverneur George Wallace, mit viel Mut zur Hässlichkeit beinahe als Karikatur an. Trotz aller Freiheiten, die sich die Regisseurin nimmt, gelingt es ihr jedoch , ein treffendes und umfassendes Bild der sozialen und politischen Probleme der Vereinigten Staaten zu zeichnen.

Manches hat sich bis heute nicht geändert. In der kommenden Woche werden in Hollywood die Oscars verliehen, allerdings finden sich unter den nominierten Regisseuren und Haupt- sowie Nebendarstellern keine Afroamerikaner. Nur in der Kategorie „bester Film“ hat „Selma“ eine Chance: der Marsch geht weiter.

DuVerney erzählt allerdings nicht dessen gesamtes Leben nach, sondern konzentriert sich auf die kurze Phase der Protestmärsche von Selma nach Montgomery im Bundesstaat Alabama, 1965.

Der erste Marsch, ein friedliches Gedenken an Jimmy Lee Jackson, der einige Wochen zuvor bei einer Wahlrechtsdemonstration für schwarze Bürger erschossen worden war, ging als „Bloody Sunday“ in die Geschichte ein. Polizeibeamte versperrten sechshundert Menschen den Weg und prügelten sie auf der Edmund-Pettus-Brücke nieder. Den zweiten und dritten Marsch in den darauffolgenden Tagen führte King mit Mitgliedern der Bewegung an und erreichte schließlich das State Capitol Building, wo er eine Rede halten konnte. Die Entscheidung des Drehbuchautor Paul Webb, die Handlung auf jene konkreten Ereignisse in Alabama sowie auf die Verhandlungen zum uneingeschränkten Wahlrecht für Schwarze zwischen Martin Luther King und Präsident Lyndon B. Johnson zu beschränken, war klug. In der exemplarischen Episode werden Kings Verhalten, seine Sichtweisen und politischen Ansätze nachvollziehbar. Hätte Webb Kings Leben chronologisch und in epischer Breite nachvollzogen, wäre „Selma“ zwar ein historisch vollständiger, vielleicht aber ziemlich steifer Historienschinken geworden.

Der Marsch geht weiter

Ava DuVerney, die selber mit am Drehbuch schrieb, legt viel Wert darauf, King und seine Weggefährten als selbstbewusste Akteure und nicht als Abhängige einer von Weißen dominierten Politik darzustellen. Ihre Strategie dahinter ist klar, nur so kann sie die Bürgerrechtler von der Opferidentität ablösen, die bis heute ihre historische Wahrnehmung bestimmt. Kings Auseinandersetzung mit Lyndon B. Johnson interpretiert DuVerney allerdings zu Ungunsten des Präsidenten, was ihr bereits die Kritik amerikanischer Historiker einbrachte. Johnson soll von Anfang an Kings Engagement für die „Voting Rights Bill“ unterstützt und nicht, wie im Film dargestellt, vor einer raschen Umsetzung des Gesetzes gezaudert haben.

David Oyelowo spielt King überzeugend als Mann mit strengen Prinzipien und menschlichen Fehlern, der über die Jahre im Kampf müde geworden ist, sich trotzdem aber Höchstleistungen abverlangt. Allerdings durften Webb und DuVerney keine der bekannten Originalreden im Wortlaut verwenden. Die King-Erben hatten die Rechte bereits an ein konkurrierendes Projekt des Produzenten Steven Spielberg verkauft. Oyelowo macht Kings Gabe der brillante Rede trotzdem erlebbar.

Mut zur Hässlichkeit

Manches wirkt bis heute nach

Im Kontrast zu Oyelowos einfühlsamem, naturalistischem Spiel legt der Schauspieler Tim Roth Kings größten Widersacher, den Gouverneur George Wallace, mit viel Mut zur Hässlichkeit beinahe als Karikatur an. Trotz aller Freiheiten, die sich die Regisseurin nimmt, gelingt es ihr jedoch , ein treffendes und umfassendes Bild der sozialen und politischen Probleme der Vereinigten Staaten zu zeichnen.

Manches hat sich bis heute nicht geändert. In der kommenden Woche werden in Hollywood die Oscars verliehen, allerdings finden sich unter den nominierten Regisseuren und Haupt- sowie Nebendarstellern keine Afroamerikaner. Nur in der Kategorie „bester Film“ hat „Selma“ eine Chance: der Marsch geht weiter.

Selma. USA 2014. Regie: Ava DuVerney. Mit David Oyelowo, Carmen Ejogo, Oprah Winfrey, Tim Roth, Tom Wilkinson, Lorraine Toussaint. 127 Minuten. Ab 6 Jahren.