Eine Journalistin reist nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Insel Guernsey. Dort findet sie urige Menschen und die Liebe.

Stuttgart - In den späten 1940er Jahren bekommt die junge Londoner Schriftstellerin Juliet Ashton einen ungewöhnlichen Brief von einem Schweinebauern aus Guernsey, der sie inspiriert: Sie beschließt spontan, dorthin zu reisen, um den im Brief erwähnten Freundeskreis „von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf“ persönlich kennenzulernen. Nach anfänglichem Zögern plaudern die Inselbewohner aus dem Nähkästchen und erzählen von der harten Zeit unter deutscher Besatzung. Dabei hat es Juliet insbesondere jener Schweinebauer angetan, der ihr den Brief schrieb.

 

Die Emotionen schlagen hohe Wellen in dieser dramatischen Liebesgeschichte, die Mike Newell („Vier Hochzeiten und ein Todesfall“) nach dem Roman von Mary Ann Shaffer und Annie Barrows inszeniert hat. Angesiedelt in grandioser Landschaft auf der britischen Kanalinsel Guernsey und bestückt mit herrlich urigen Charakteren geht die Geschichte wirklich ans Herz. Sie erzählt von wahrer Menschlichkeit, von Freundschaft, von Liebe sowie Schuld und Sühne. Man ist anfangs vielleicht noch geneigt, Lily James („Die dunkelste Stunde“) und Michiel Huisman („Game of Thrones“) als viel zu schön für ihre Rollen abzutun. Huisman beispielsweise sieht nicht gerade aus wie ein Schweinebauer. Doch derlei Gedanken verflüchtigen sich schnell, fördern die schönen Menschen doch das Verständnis für deren Romanze. Und ganz ehrlich: Ein bisschen Kitsch tut nicht weh.

Guernsey zeigt sich von seiner Schokoladenseite

Ansonsten ist Newells Inszenierung kitschfrei und bis in die kleinsten Nebenrollen perfekt besetzt. Besonders brillant: Penelope Wilton als Amelia, die zur fremden Autorin auf Distanz geht, und Tom Courtenay als Eben Ramsey, Schöpfer des erwähnten Kartoffelschalenauflaufs. Beide hört man am besten im englischen Original. Es wäre nicht weiter verwunderlich, wenn der Film die Nachfrage nach einem Kuschelurlaub auf Guernsey richtig ankurbeln würde. Das liegt in erster Linie an den Bildern von Kameramann Zac Nicholson, der die Insel von ihrer Schokoladenseite präsentiert: Saftige grüne Hügel, atemberaubende Steilküsten und die aus Stein gemauerten Cottages prägen das Bild des Eilands. Entschleunigung ist das Zauberwort in dieser Welt, in der Briefe noch per Hand geschrieben und Manuskripte auf der Schreibmaschine getippt werden.

Im Original heißt der Roman eigentlich „Club der Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf“ – dass er im Deutschen lapidar mit „Deine Juliet“ übersetzt und damit seines feinen britischen Humors beraubt wurde, sollte nicht vom Gang ins Kino abhalten. Ein kleines Taschentuch mitzunehmen sei allerdings angeraten.