Die weibliche Ausgabe der „Ocean’s“-Gaunerfilmreihe punktet mit starken Darstellerinnen wie Sandra Bullock und Cate Blanchett, traut sich aber nicht, ihr weibliches Potenzial voll auszuspielen.

Stuttgart - Im Genre des Heist-Movies, in dem es darum geht, einer stilvollen Schar von Gangstern bei der Planung und Durchführung eines möglichst raffinierten Raubs zuzuschauen, waren Frauen bisher zumeist nur als attraktive Minorität zugelassen. Das galt auch für Steven Soderbergh’s „Ocean“-Filme. Zwar hatten Julia Roberts und Catherine Zeta-Jones durchaus markante Auftritte, aber die eigentliche Show gehörte der coolen Jungsbande um George Clooney, Brad Pitt und Matt Damon. Nun hat Regisseur Gary Ross zusammen mit Drehbuchautorin Olivia Milch eine weibliche Variante entwickelt.

 

Sandra Bullock spielt Debbie Ocean, die Schwester von Clooneys Danny Ocean, und ihre Figur steht dem verstorbenen Bruder in Sachen krimineller Energie in nichts nach. Fünf Jahre war sie wegen Betruges hinter Gittern und hat die Zeit genutzt, einen ganz großen Coup auszuhecken. Ein drei Kilo schweres Diamantcollier im Wert von 150 Millionen Dollar soll auf der Benefizgala des New Yorker Metropolitan Museums entwendet werden – ein Event mit hoher Promidichte und extremen Sicherheitsvorkehrungen. Zunächst wendet sich Debbie an ihre alte Freundin Lou (Cate Blanchett), dann folgt die übliche, unterhaltsame Rekrutierungsphase ausnahmslos weiblicher Komplizinnen. Als Lou einen Mann vorschlägt, sagt Debbie, ein „Er“ ziehe automatisch die Aufmerksamkeit auf sich, während eine „Sie“ ignoriert werde – „und dieses eine Mal wollen wir wirklich ignoriert werden.“

Mehr feministische Sticheleien hätten dem Film gutgetan

Von solchen feministischen Sticheleien hätte „Ocean’s 8“ mehr vertragen können, aber für ein zünftiges Metoo-Update ist die Studioapparatur wahrscheinlich zu schwerfällig. Im Großen und Ganzen stützt sich der Film auf die Besonderheit, die eigentlich schon längst keine mehr sein sollte: dass hier ein Frauenensemble allein den Ton angibt. Und in der Tat ist die Besetzung das Hauptpfund dieses Projektes. Cate Blanchett erstrahlt als coole Rockerbraut, Sarah Paulson gibt die hehlende Vorstadtmutti, R-’n’-B-Sängerin Rihanna die obligatorische Computer-Hackerin, die Rapperin Awkwafina eine versierte Taschendiebin, die Komödiantin Mindy Kaling die Diamantenspezialistin und die wunderbare Helena Bonham Carter eine Modedesignerin in Geldnöten.

Mit viel krimineller Energie arbeitet das Team an der Unterwanderung des glamourösen Events, wo das wertvolle Schmuckstück am Hals der ahnungslosen Schauspielerin Daphne Kluger (Anne Hathaway) gegen ein Replikat aus dem 3-D-Drucker getauscht werden soll. Hathaway spielt den vermeintlich naiven Narzissmus der eitlen Filmdiva genüsslich aus, um dann in einem grandiosen Moment die Fassade ihrer Figur zu brechen. Solch ironisches Spiel mit weiblichen Stereotypen kommt im Chor der Komplizinnen leider zu kurz. Hier fehlt es deutlich an satirischem Biss und am Willen, aus der Umkehrung der Geschlechtermachtverhältnisse feministisches Kapital zu schlagen. Natürlich schaut man der coolen Damenriege von Anfang bis Ende gerne zu, aber bei einem solchen Ensemble und dem derzeitigen gesellschaftlichen Rückenwind wäre mit einem ausgefeilteren Drehbuch – und vielleicht einer Frau im Regiestuhl – sicher mehr dringewesen.