Zwei Pfarrstellen sind nicht besetzt, der geschäftsführende Pfarrer ist erkrankt und die Pandemie beherrscht das Leben. Die Kirchengemeinde Möhringen und Fasanenhof befindet sich im Ausnahmezustand, Haupt- und Ehrenamtliche müssen viele Aufgaben stemmen.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen/Fasanenhof - Kirche lebt von Nähe. Doch wegen Corona ist genau die aktuell verboten. Die Menschen sind aufgerufen, zu Hause zu bleiben und Kontakte zu reduzieren. Was bedeutet das für eine Gemeinde, gerade jetzt vor Weihnachten? Darüber haben wir mit Friedemann Kammerer gesprochen, dem Ersten Vorsitzenden des Kirchengemeinderats.

 

Derzeit gelten strenge Kontaktbeschränkungen. Was bedeutet das für die Arbeit in der evangelischen Kirchengemeinde Möhringen und Fasanenhof?

Da müssen wir differenzieren. Was die Arbeit in den Gremien betrifft, machen wir alles, was geht, online über Zoom-Konferenzen. Das klappt ganz gut. Wir hatten das im März begonnen, waren dann im Sommer froh, uns wieder persönlich treffen zu können, und sind jetzt wieder zum Online-Modell zurückgekehrt. Der Gesundheitsschutz hat ganz klar Priorität. Klar ist für uns aber auch, dass wir Gottesdienste feiern wollen. Was derzeit nicht stattfinden kann, sind die verschiedenen Gruppen und Kreise. Das bereitet uns Sorge, denn es handelt sich hierbei oft um alleinstehende Menschen, die zur Risikogruppe gehören, wie zum Beispiel Senioren. Wir als Gemeinde haben die Aufgabe, uns um diese zu kümmern. Wir versuchen, kreative Lösungen zu entwickeln, wie zum Beispiel Spaziergänge mit unserer Diakonin Birgit Keyerleber. Diese Leute online zu erreichen, ist schwer möglich.

Haben Sie als Kirchengemeinderat mehr zu tun, als in nicht Corona-Zeiten?

Die Arbeit ist anders, und es ist deutlich mehr. Wir müssen uns viel enger abstimmen, und wir müssen mit unseren Hygienekonzepten immer auf dem Laufenden bleiben und diese gut kommunizieren. Aber wir haben einen engagierten Kirchengemeinderat und viele Ehrenamtliche, die Aufgaben übernehmen und dann auch selbstständig bearbeiten. Viele helfen, Lasten zu tragen.

Pfarrer Lieb ist aktuell erkrankt, die Pfarrstelle auf dem Fasanenhof ist nicht besetzt. Was bedeutet das für das verbleibende hauptamtliche Team und die Ehrenamtlichen – gerade jetzt in Corona-Zeiten?

Zum einen sind wir froh, dass Pfarrerinnen und Pfarrer der Nachbargemeinden und Ruheständler aushelfen. Andererseits versuchen wir, die Arbeit so zu gestalten, dass die Pfarrer möglichst viel Zeit für ihr Kerngeschäft haben, also für Gottesdienste und Seelsorge, und nicht so viele Verwaltungsaufgaben übernehmen müssen. Wir haben mit Herrn Volker Zeitler einen sehr guten Kirchenpfleger, der mit seinem Team viel auffängt. Und das Gemeindebüro arbeitet sehr hart – weit mehr, als man verlangen kann. Dort rufen viele Menschen an, weil sie Fragen haben. Außerdem hoffen wir auf die Zukunft. Für die Pfarrstelle Süd für den Bereich rund um die Auferstehungskirche ist eine 50-Prozent-Stelle und für den Fasanenhof eine 100-Prozent-Stelle ausgeschrieben. Wir sind zuversichtlich, dass wir beide im Frühjahr besetzen können.

Weihnachten steht vor der Tür, doch es wird anders werden als gewohnt. Was ist in der evangelischen Kirchengemeinde Möhringen und Fasanenhof in der aktuellen personellen Situation und unter Pandemiebedingungen überhaupt noch möglich?

Wir versuchen, ein umfangreiches Programm anzubieten. Weil der Platz in der Kirche aufgrund der Corona-Regeln stark begrenzt ist, feiern wir in jeder Kirche zweimal Gottesdienst. Die Gottesdienste in der Martinskirche leitet unsere Dekanin Kerstin Vogel-Hinrichs. Für Familien bereiten wir zwei Gottesdienste im Waldheim im Freien vor. Unsere Pfarrerinnen und Pfarrer sind groß im Einsatz. Online-Anmeldungen sind problematisch, weil viele ältere Gemeindeglieder das nicht können. Deshalb ist es für uns eine große Aufgabe, die Gottesdienste unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen zu organisieren. Für alle, die online sind, stellen wir auch einen Gottesdienst ins Internet. Das ist aktuell der Plan. Wir wissen natürlich nicht, was davon Weihnachten tatsächlich möglich ist. Doch ein Weihnachten ohne Gottesdienst ist nur schwer vorstellbar. Auch für die Adventszeit haben wir viele Ideen, zum Beispiel einen Telefon-Adventskalender.

Können Sie der aktuellen Corona-Krise auch was Positives abgewinnen?

Es ist ganz klar eine Herausforderung. Aber wir entdecken da auch neue Dinge, die man machen kann. Wir wachsen mit unseren Aufgaben. Und es ist schön zu sehen, dass es Menschen gibt, die da sind, die Verantwortung übernehmen. Viele helfen mit. So ist es uns gelungen, trotz der Pandemie und der Krankheit von Herrn Pfarrer Lieb das Gemeindeleben gut aufrecht zu erhalten. Die Menschen zählen auf die Kirche. Gerade in der Krise ist der Glaube für viele besonders wichtig.