Ein 42-jähriger Lastwagenfahrer ist wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Er hatte vor einer Baustelle auf der Autobahn 8 zu spät gebremst und war auf ein Auto aufgefahren. Dabei fand ein Ehepaar den Tod.

Kirchheim - Durch die Unaufmerksamkeit eines Lastwagenfahrers ist am Morgen des 20. Septembers des vergangenen Jahres auf der Autobahn 8 nahe Kirchheim ein Ehepaar aus dem Kreis Göppingen tödlich verletzt worden. Der Kraftfahrer hatte vor einer Baustelle zu spät gebremst und das Auto der 45-jährigen Frau und ihres 49 Jahre alten Mannes unter den Auflieger eines vor ihnen fahrenden Sattelzugs geschoben – sie waren auf der Stelle tot. Der 42-Jährige ist am Donnerstag vor dem Amtsgericht Kirchheim wegen fahrlässiger Tötung zu einer eineinhalbjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden.

 

Jeden Tag gibt es auf den Straßen viele Momente, in denen Verkehrsteilnehmer nicht aufpassen und dadurch gefährliche Situationen heraufbeschwören. Meistens geht es gerade noch gut, oft endet es glimpflich, etwa mit einem Blechschaden. Dann hat die kurze Aufmerksamkeit glücklich geendet. Den Beteiligten an dem schrecklichen Unfall jenes Morgens war dieses Glück nicht beschieden. Es waren nur wenige Sekunden gegen 5.50 Uhr, in denen zwei Menschenleben ausgelöscht, und vielen anderen großes Leid geschehen ist. Die 17-jährige Tochter hat ihre Eltern verloren, die Angehörigen und Freunde zwei geliebte Menschen. Viele von ihnen sitzen als Zuhörer im Saal, die Stimmung ist bedrückt, nicht feindselig. Denn auch im Leben des Mannes auf der Anklagebank ist nichts mehr so, wie es einmal war. Der Ehemann und Vater dreier Kinder ist seit dem Unfall traumatisiert und auf die Hilfe einer Psychologin angewiesen, um sein Leben halbwegs meistern zu können.

Der Angeklagte kann sein Versagen nicht erklären

Er kann sich nur noch an die Bremslichter erinnern, „das ist alles was ich weiß“. Als er sein 40 Tonnen schweres Fahrzeug abbremst ist es zu spät. Mit rund 65 Stundenkilometern prallt er auf den nur etwa 19 Stundenkilometer langsamen Opel des Ehepaars und katapultiert diesen auf den Lastwagen davor. Sie haben den stockenden Verkehr vor der Baustelle rechtzeitig bemerkt, der 42-Jährige nicht. „Eine Erklärung dafür habe ich nicht“, sagt er und kämpft gegen die aufkommenden Tränen an.

„Warum Sie nicht früher reagiert haben, werden wir nie herausfinden“, sagt die Vorsitzende Richterin Franziska Hermle-Buchele in ihrer Urteilsverkündung. Sein Lastwagen, den er für eine Firma aus dem Kreis Calw gefahren hat, war technisch einwandfrei,. Der Mann hatte keinen Alkohol getrunken, seine Ruhezeiten eingehalten und er war in diesem Moment nicht abgelenkt, wie die Polizei ermittelt hat. Die Baustelle war vorbildlich eingerichtet und gesichert, zumindest der Lastwagen vor dem Auto des Paares hatte sogar den Warnblinker eingeschaltet. „Da bleibt nur noch der Faktor Mensch“, sagt die Richterin. Er, der bis dahin ein vorbildlicher Berufskraftfahrer war, habe in diesem Moment „große Schuld“ auf sich geladen. Denn er hätte mehrere Sekunden Zeit gehabt, um den Unfall zu vermeiden – wenn er die zum Fahren eines 40-Tonners erforderliche erhöhte Aufmerksamkeit hätte walten lassen.

Kein Führerscheinentzug für den Kraftfahrer

Aber eine gerechte Strafe dafür könne es nicht geben, „sie kann die geliebten Menschen nicht zurückbringen“. Doch angemessen sei die Bewährungsstrafe und die Zahlung eines „symbolischen“ Schmerzensgeldes von 2500 Euro an die Tochter, die als Nebenklägerin auftritt. Außerdem verhängt die Richterin ein Fahrverbot von drei Monaten gegen den Mann. Nicht, weil ein – wie vom Staatsanwalt beantragter – Führerscheinentzug die Existenzgrundlage des Berufskraftfahrers und seiner Familie zerstören würde, sondern, weil sie ihn durchaus für geeignet halte, einen Lastwagen zu fahren.