Im Kirchheimer Nachtleben vollzieht sich derzeit ein Wandel. Neue Clubs eröffnen, alte Pächter hören auf. Ein Beispiel für den Generationenwechsel ist etwa die Milchbar.

Kultur: Kathrin Waldow (kaw)

Kirchheim - Für eine Kleinstadt mit rund 40.000 Einwohnern hat Kirchheim ein reges Nachtleben. Und das ist derzeit im Wandel – im Generationenwandel: Nachdem bereits Anfang des Jahres der 27-jährige Julian Wagner von Sedat Aybulut (47) die etablierte Disco Magellan übernommen und unter dem Namen Cezar neu eröffnet hat, gibt es nun einen weiteren Pächterwechsel: Zum 1. Juli übernimmt Pascal Amann den Club Milchbar in der Max-Eyth-Straße.

 

Der 24-Jährige will damit in die Fußstapfen des bisherigen Pächters, Gunnar Stahlberg, treten, der die Milchbar 2010 eröffnete und mit Konzerten und elektronischer Musik einen Kontrapunkt zu anderen Lokalitäten in der Stadt setzte.

Amann setzt auf Elektro

Dass sich die Kirchheimer über ein ausgeprägtes Nachtleben freuen können, liegt zum einen an dem gastronomischen Angebot der Stadt mit vielen Restaurants und Bars und den Lokalitäten, die bis weit in die Nacht geöffnet haben: die Milchbar, das Ochsengässle, der Club Cezars, das Stadtkino oder der Ende 2016 neu eröffnete Club Krokodil. Zum anderen aber auch daran, dass Kirchheim umgeben von kleineren Ortschaften ist, die nächste Ausgehmetropole Stuttgart heißt und eine 45-minütige S-Bahn-Fahrt entfernt liegt. Für Amann ein Ansporn. „Mein Anspruch ist es, die Leute davon abzuhalten, nach Stuttgart zum Feiern zu fahren. Ich will das Programm in der Milchbar weiter mit elektronischen Bookings gestalten und hochkarätige DJs einladen, damit Kirchheim im Nachtleben interessant bleibt“, so der gelernte Mediengestalter, der auch selbst auflegt. Mit der Übernahme des Clubs erfüllt er sich einen Traum. „Ich glaube, dass ein Electro-Club besser für die Stadt ist, als eine weitere Sisha-Bar oder ein Schlager-Tempel“, sagt Amann.

Freitags will der neue Pächter dennoch auf ein breiteres Publikum setzen und Livekonzerte sowie Partys mit Pop- und Hip-Hop-Musik anbieten. Zum 1. Juli soll die Milchbar in neuem Glanz wieder eröffnen. „Es wird reduzierter, weniger bunt und mehr nach Club aussehen“, so Amann, der zuversichtlich in die Zukunft als Clubbetreiber blickt.

Mehr Kooperationen oder weniger Clubs?

Anders Aybulut der nach der Abgabe der Diskothek Magellan seinen zweiten Betrieb, die Bar Ochsengässle weiterführt. Das Ausgehverhalten habe sich stark verändert, stellt der Gastronom fest: „Die jungen Leute feiern nicht mehr so wie früher. Das liegt auch daran, dass weniger Alkohol getrunken wird. Und wer in Stuttgart feiern will, der setzt sich in die S-Bahn. Ich glaube nicht, dass man die Leute davon abhalten kann“, meint der 47-Jährige. Er sieht auch ein Problem darin, dass es in Kirchheim recht viele Ausgehoptionen für Nachteulen gibt. „Das Verhältnis unter den Gastronomen ist zwar gut, aber ich glaube, dass zu viel geboten wird, da verläuft sich das Publikum und die Läden sind nicht mal halbvoll“, meint er.

Amann und Wagner hingegen würden sich mehr Miteinander unter den Betreibern wünschen. Amann träumt von einer Kirchheimer Clubnacht, Wagner hat bereits Kooperationen mit anderen Gastronomien an den Start gebracht, wie etwa mit der Bar Wilder Mann und dem Restaurant Weißer Ochse – das gehobene Lokal sorgt diesen Sommer für die Speisen im Außenbereich des Cezar.

Auch Stahlberg sieht die Szene in Kirchheim als nach wie vor rege an. Fehlendes Publikum sei nicht der Grund für die Abgabe der Milchbar, so der 35-Jährige. „2016 war unser bestes Jahr mit dem Club. Ich weiß, dass Pascal Amann, die Milchbar in meinem Sinne weiterführen wird und stehe ihm unterstützend bei. Aber für mich ist nach sieben Jahren im Nachtleben trotzdem Schluß“, so Stahlberg. Die Bar Wunderbar will er jedoch trotz des Rückzugs aus dem Nachtleben vorerst weiter betreiben. Die Stadt wird Stahlberg weiterhin bespielen: „Ich möchte mich wieder anderen Projekten widmen, vor allem weil ich gemerkt habe, dass ich vielmehr Veranstalter als Gastronom bin. Da will ich jetzt Vollgas geben“, so Stahlberg.

Stahlberg-Gruppe als Veranstalter-Truppe

Bewiesen hat er sich damit bereits. Anfang Juni hat der 35-Jährige zum zweiten Mal ein Streetfood-Festival auf dem Rollschuhplatz auf die Beine gestellt. Über sechs Tage boten 24 Stände Essen und Getränke an, dazu gab es Konzerte und Programm für Kinder, ein Publikumsmagnet. „In diese Richtung soll es weitergehen. Ich werde mit meinem Organisationsteam aus der Milchbar als Stahlberg Gruppe weitere Veranstaltungen in Kirchheim planen. Im August etwa ein Musik-Event im Kirchheimer Schloss, außerdem übernehmen wir die Organisation der Goldenen Oktobertage in Kirchheim und haben eine große Veranstaltung im Winter im Marstallgarten geplant“, blickt Stahlberg auf seine geplanten Veranstaltungen in der Teckstadt.

Closing-Party: Am 17. Juni ab 22 Uhr findet die offizielle Verabschiedungsparty der Milchbar unter Gunnar Stahlberg statt. Die Band Tonic gibt dazu ein Konzert und DJs legen auf.

Wiedereröffnung: Am 1. Juli, ab 22 Uhr öffnet die Milchbar unter dem neuen Betreiber Pascal Amann. Max-Eyth-Straße 41, Kirchheim/Teck.