Die Stadt Herrenberg will sozial gerechtere Kita-Gebühren einführen. Ein erster Anlauf im Herbst war gescheitert, jetzt ist die Beteiligung der Familien über einen Bürgerrat vorgesehen.

Die Stadtverwaltung Herrenberg greift die Überarbeitung der Kita-Gebühren nach sozial gerechteren Maßstäben wieder auf. Ein erster Verwaltungsvorschlag dazu vom Oktober 2022 warf zu viele Fragen und Sorgen bei einigen Familien auf und wurde zunächst zur Seite gelegt. Ein neuer Vorschlag soll nun von Anfang an gemeinsam mit den betroffenen Familien entwickelt werden. Für diese Beteiligung wurde das Format eines Bürgerrats erarbeitet.

 

Auf fraktionsübergreifende Initiative sollen die Gebühren für die Kindertageseinrichtungen in Herrenberg sozial gerechter gestaltet werden. Einkommensstärkere Haushalte sollen dabei einkommensschwächere Familie unterstützen. Die Verwaltung legt dieses Mal jedoch keinen eigenen Entwurf vor, sondern strebt die Formulierung eines Vorschlags gemeinsam mit den betroffenen Familien an.

Bewerbungen für Bürgerrat erwünscht

Dafür ist die Einberufung eines so genannten Bürgerrats vorgesehen. Ein Team von „pro re“ unter der Leitung von Gisela Wachinger wird die unabhängige Moderation übernehmen. Eine Begleitgruppe soll den Bürgerrat konzipieren, ein erstes Treffen hat bereits stattgefunden. Hierfür sind Vertreterinnen und Vertreter des Gesamtelternbeirats, einer Sozialberatungsstelle und eines Treffs für Seniorinnen und Senioren sowie des städtischen Teams Beteiligung und Engagement, der städtischen Kämmerei und des städtischen Rechtsamts der Einladung der Stadtverwaltung gefolgt.

Der Bürgerrat steht in diesem Fall grundsätzlich allen interessierten Familien mit Kindern in den städtischen Kindertageseinrichtungen offen. In den nächsten Wochen werden die Familien per Post angeschrieben und können sich zur Teilnahme anmelden. Es stehen dabei 30 Plätze zur Verfügung. Sollten mehr Anmeldungen vorliegen, werden die Teilnehmenden anhand von Kriterien ausgewählt, die die Begleitgruppe vorab definiert. Um eine möglichst diverse Abbildung von Lebenssituationen sicherzustellen, kann die Begleitgruppe darüber hinaus anhand gemeinsam bestimmter Kriterien weitere zehn Teilnehmende bestimmen.

Klausurwochenende im Mai

Der Rat begibt sich dann für ein Wochenende (5. bis 7. Mai) in Klausur, um einen konkreten Vorschlag für eine sozial gerechtere Gebührenstruktur zu erarbeiten. Das Ergebnis des Wochenendes wird von der Verwaltung unter Einbeziehung der Begleitgruppe so aufgearbeitet, dass es im Anschluss im Gemeinderat diskutiert werden kann. Die Beschlussfassung darüber ist derzeit für Juni 2023 vorgesehen, sodass die neue Gebührenstruktur voraussichtlich schon zu Beginn des neuen Kindergartenjahres am 1. September 2023 in Kraft treten kann.

„Da es sehr unterschiedliche Familien- und Lebenskonstellationen und -verhältnisse gibt, ist es uns wichtig, dass eine Vielfalt an Meinungen an der Entwicklung der neuen Gebührenstruktur für die städtischen Kindertageseinrichtungen mitwirkt“, erklärt Leah Stange aus dem Team Beteiligung und Engagement. Der Bürgerrat sei hierfür sehr gut geeignet und „ein wichtiges Werkzeug einer lebendigen Demokratie“. Die Verwaltung kann das Beteiligungsprojekt zu einem großen Teil mit Mitteln aus dem Förderprogramm „Demokratie leben!“ umsetzen.

Wie sieht die Finanzierung der Kinderbetreuungskosten aus?

Die Kinderbetreuungskosten werden zum Großteil von der Allgemeinheit über Steuern finanziert, und daran würde sich bei einem anderen Gebührenmodell nichts ändern: Die Elterngebühren decken in Herrenberg rund zwölf Prozent der Kosten ab, der Rest wird aus öffentlichen Mitteln bestritten. Die Herrenberger Kita-Gebühren liegen damit im Landkreis Böblingen bei gleichen Rahmenbedingungen im unteren Bereich.

In Summe fallen in Herrenberg jährlich rund 26 Millionen Euro für die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen an, Tendenz steigend. Deshalb steigen die Gebühren auch regelmäßig an, denn ihr Anteil an den tatsächlichen Gesamtkosten soll konstant bleiben. Der Herrenberger Gemeinderat hatte Ende 2022 wie von den kommunalen Spitzenverbänden und Kirchen in Baden-Württemberg empfohlen, die Gebühren um 3,9 Prozent ab Februar 2023 angepasst.