Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen erhöhen zum kommenden Kindergartenjahr die Kitagebühren. Wie die Kommunen dies begründen und warum es auch Kritik daran gibt.

Die Kitagebühren steigen in Leinfelden-Echterdingen von September an um fünf Prozent. Einen entsprechenden Beschluss fasste der Gemeinderat mehrheitlich während seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am Dienstag. Ursprünglich hatte die Verwaltung eine Erhöhung um 3,9 Prozent vorgeschlagen. Die Freien Wähler hatten beantragt, den Beitrag um fünf Prozent zu erhöhen.

 

In Leinfelden-Echterdingen liege der Anteil der Eltern an den Gesamtkosten lediglich bei 9,5 Prozent, erklärte der Fraktionsvorsitzende Eberhard Wächter. Der Landesrichtsatz liegt bei 20 Prozent. „Die Kostendeckungsgrade sind in den vergangenen Jahren gesunken“, erklärte Wächter.

Kommunikation mit Eltern soll besser werden

Eine Fortsetzung dieser Entwicklung wollten die Freien Wähler nicht mehr hinnehmen. Irgendwann drohten drastische Erhöhungen der Elternbeiträge. Die CDU stimmte dem zu. Allerdings betonte die Fraktionsvorsitzende Ilona Koch, dass die Kommunikation mit den Eltern verbessert werden müsse. „Für die Eltern ist es eine schwere Zeit“, meinte sie. Es müsse erklärt werden, wofür die Stadt die Elternbeiträge benötige.

Der Oberbürgermeister Roland Klenk sah es ähnlich. Er unterstützte den Antrag der Freien Wähler. Allerdings wolle er den Eltern genau darlegen, wofür die 1,1 Prozent über der ursprünglich angedachten Gebührenerhöhung ausgegeben werde. Die Grünen unterstützten die vom OB vorgeschlagene Vorgehensweise ebenfalls mehrheitlich.

Die SPD sprach sich angesichts drohender Betreuungszeitverkürzungen, steigender Inflation und explodierender Energiepreise ebenso wie die LE-Bürger/DiB gegen eine weitere Belastung von Familien mit kleinen Kindern aus. Für die LE-Bürger/DiB erklärte der Fraktionsvorsitzende Jürgen Kemmner, dass man grundsätzlich zwar dafür sei, dass auch die Eltern ihren finanziellen Beitrag leisteten. Angesichts der derzeitigen Situation solle aber zunächst auf eine Gebührenerhöhung verzichtet werden. „Die Eltern sind vielen Belastungen unterworfen“, meinte Kemmner.

Die Ablehnung einer Gebührenerhöhung signalisierte die SPD. Es sei politisch nicht vermittelbar, die Gebühren angesichts des derzeitigen Angebots bei der Kinderbetreuung zu erhöhen, meinte die Stadträtin Barbara Sinner-Bartels. Der Fraktionsvorsitzende Erich Klauser ärgerte sich außerdem darüber, dass ausgerechnet bei den Kitagebühren stets der Kostendeckungsgrad der Elternbeiträge betont werde. Bei den Sportstätten rede kein Mensch darüber.

Gemeinderat stimmt Erhöhung zähneknirschend zu

Auch in Filderstadt werden sich die Kitagebühren nach der Sommerpause erhöhen, und zwar um 4,8 Prozent. Diese Zahl ergibt sich aus der Empfehlung der Kirchen und der kommunalen Spitzenverbände um 3,9 Prozent plus zusätzlich 0,9 Prozent; eine Erhöhung, auf die man in der Stadt coronabedingt zum Kindergartenjahr 2020/21 verzichtet hatte. Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung mehrheitlich zugestimmt, wenn auch zähneknirschend. Tenor im Gremium: Gebührenerhöhungen täten weh, Kostensteigerungen müssten aber aufgefangen werden. Die SPD-Fraktion wiederum lehnte abermals Kitagebühren grundsätzlich ab.

Zuvor hatte der Oberbürgermeister Christoph Traub das Wort ergriffen. Wie auch in Leinfelden-Echterdingen müssen in Filderstadt seit geraumer Zeit wegen des Erziehermangels immer wieder Betreuungszeiten gekürzt werden, teilweise von jetzt auf nachher. Aktuell sind 20 von 190 Vollzeitstellen vakant. „Das verlangt Familien und Sorgeberechtigten viel ab“, betonte Christoph Traub. Er sprach von einer „durchaus prekären Situation“, gleichwohl stellte er klar, dass Filderstadt mit dem Problem nicht allein dastehe. Tatsächlich fehlen laut der Bertelsmann-Stiftung bundesweit 120 000 Erziehungskräfte. „Das funktioniert in keiner Stadt mehr, wie wir uns das vorstellen“, sagte er.

In Filderstadt gibt es noch ein Problem mit Zurückerstattungen

Allerdings gibt es laut Christoph Traub in Filderstadt ein Sonderproblem: Es klappt nicht mit den Zurückerstattungen, wenn Betreuungszeiten ausfallen. Eltern warten demnach unverhältnismäßig lang auf ihr Geld. „Das ist keine gute Performance, die wir als Verwaltung dort an den Tag legen“, sagte er. Er bat „ausdrücklich“ um Entschuldigung und versprach Besserung. Auch hier soll sich alsbald etwas tun: Die Gebührenordnung soll vereinfacht werden. Aktuell gleiche sie einem „Bürokratiemonster“. Ab dem Herbst solle das Thema angegangen werden, ebenso werde man eine Nutzerfrequenzanalyse auf den Weg bringen, um herauszufiltern, wo welcher Bedarf bestehe.

Und noch etwas steht an. Die Stadt hat eine Agentur beauftragt, eine neue Stellenkampagne zu initiieren. Mit neuer Werbung will man Personal auf sich aufmerksam machen. Start: nach der Sommerpause.

Kinderbetreuung

Deckungsgrad
Laut Landesrichtsatz sollen die Eltern 20 Prozent der Kosten für die Kinderbetreuung mit ihren Gebühren bezahlen. Erreicht wird dieser Kostendeckungsgrad aber nicht in allen Kommunen. In Leinfelden-Echterdingen ist der Kostendeckungsgrad beispielsweise von 13 Prozent im Jahr 2016 kontinuierlich auf 9,5 Prozent im vergangenen Jahr gesunken.

Betreuung
Aufgrund des Fachkräftemangels sowie coronabedingter Ausfälle mussten Eltern in der Vergangenheit immer wieder Einschränkungen bei der Kinderbetreuung hinnehmen. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, wurden in Leinfelden-Echterdingen Arbeitskräfte aus dem Ausland angeworben. Im kommenden Kindergartenjahr sollen fünf Fachkräfte aus Spanien ihre Arbeit aufnehmen.

Politik
Immer wieder wird auf kommunalpolitischer Ebene das Für und Wider der Kitagebühren erörtert. Die grundsätzliche Entscheidung, ob der Kindergarten in Baden-Württemberg beitragsfrei angeboten wird, müsste aber auf Landesebene gefällt werden. pib