Es war ein Prozess mit Signalwirkung: Zwar ist die Klage von Bernd Vöhringer gegen Fridi Miller abgewiesen worden. Aber in dem Zivilverfahren erklärte ein Gutachten die Dauerbewerberin für geschäftsunfähig.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Sindelfingen - Der Ausgang des Verfahrens hat Bernd Vöhringer und seinen Rechtsbeistand nicht überrascht: Die 11. Zivilkammer des Stuttgarter Landgerichts hat am Donnerstag seine Klage gegen Fridi Miller abgelehnt. Was nach einer Niederlage klingt, sieht Sindelfingens Oberbürgermeister aber als einen Erfolg an. „Das Urteil hat klar gestellt, dass Frau Miller geschäftsunfähig ist“, erklärt seine Sprecherin Nadine Izquierdo. Bernd Vöhringer hatte die Dauerbewerberin bei Wahlen nach zahlreichen gegen ihn gerichteten und vor allem im Internet veröffentlichten Beleidigungen auf Unterlassung verklagt. Für ihre Äußerungen könne Miller zwar nicht mehr zu Verantwortung gezogen werden, erläutert Nadine Izquierdo weiter: „Aber das Urteil führt auch zu einem anderen Umgang mit ihren Widersprüchen und Eingaben vor Gericht und den Behörden.“

 

„Krankhafte Störung der Geistesfähigkeit“

Ein Psychiater hatte in dem Verfahren bei der Beklagten eine „fortwährende Geschäftsunfähigkeit aufgrund krankhafter Störung der Geistesfähigkeit“ diagnostiziert. Das Gutachten diente der Zivilkammer als Grundlage für ihr Urteil: Aus der Geschäftsunfähigkeit folgt die Prozess- und Schuldunfähigkeit. „Wenn man das ist, kann man nicht verklagt werden“, erklärt Bernhard Schabel, der Sprecher für Zivilverfahren am Stuttgarter Landgericht. Der Kläger hätte für Fridi Miller einen Prozesspfleger bestellen können, um ein Urteil zur Sache zu erwirken, so Schabel weiter. Darauf wurde Bernd Vöhringer auch vom Richter hingewiesen. Die Vor- und Nachteile eines solchen Schrittes seien mit dem Rechtsbeistand abgewogen worden, berichtet Nadine Izquierdo, am Ende wurde „der Antrag bewusst nicht gestellt“.

Wahlanfechtungen waren ebenfalls unzulässig

Das vom Landgericht bestellte Gutachten hatte bereits Auswirkung auf andere Verfahren. Das Stuttgarter Verwaltungsgericht verkündete im vergangenen November das Urteil, dass die Wahlanfechtungen von Fridi Miller wegen ihrer Prozessunfähigkeit nicht zulässig seien. Die 49-Jährige hat schon bei Dutzenden von Bürger- und Oberbürgermeisterwahlen kandidiert und oft die Wahlen angefochten, unter anderem in Sindelfingen, Böblingen, Freiburg und Ravensburg. Die Verwaltungsgerichte von Freiburg und Karlsruhe fällten gleiche Urteile wie die Stuttgarter Kollegen.

Kandidieren kann Fridi Miller aber weiterhin: Vom Wahlrecht werden Bürger nur dann ausgeschlossen, wenn sie entweder aufgrund einer Verurteilung kein Wahl- oder Stimmrecht mehr haben oder sich ein bestellter Betreuer um sie kümmern muss. Beides ist bei Fridi Miller nicht der Fall. „Der freie Zugang zum Amt des Bürgermeisters ist ein hohes demokratisches Gut und hat eine lange Tradition in Baden-Württemberg“, erklärt Carsten Denner von Landesinnenministerium. Seiner Meinung nach hat sich das System bewährt, denn Fridi Miller erzielte bei den Wahlen meistens Ergebnisse im unteren, einstelligen Prozentbereich. Die Regelungen für die Interimszeit bei Wahlanfechtungen bis zum Urteil hätten sich ebenfalls bewährt: „Die Kommunen sind ja nicht ohne funktionierende Verwaltung“, sagt Carsten Denner.

Die Demokratie muss Fridi Miller aushalten

Nicht nur die Demokratie muss Fridi Miller aushalten, auch Bernd Vöhringer. Die 49-Jährige fuchtelte im vergangenen Sommer in einem Video mit einem Messer herum und rief zur Ermordung des Oberbürgermeisters auf, was sie in einem weiteren Interneteintrag im Dezember bekräftigte. Seither erhält der Rathauschef situationsabhängig Personenschutz. „Wir stehen in Kontakt mit der Polizei und Sicherheitsfachleuten“, berichtet Nadine Izquierdo. Obwohl es ins Leere läuft, werden Schmähungen von Fridi Miller weiter bei der Polizei angezeigt. Dass er sich das Verfahren hätte sparen können, lässt Vöhringer verneinen: Damals sei die Prozessfähigkeit der Beklagten noch nicht geklärt gewesen. „Er wollte alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um gegen die Beleidigungen vorzugehen“, sagt die Stadtsprecherin.