Seit der Corona-Krise wird mehr zu Hause gekocht und ausgemistet. Dabei gibt’s mehr Müll, der liegen bleibt – so auch im Stuttgarter Norden.

S-Nord - Gestank, Fliegen und Ratten: In vielen Bereichen der Stadt ist Vermüllung ein Problem. Auch dem Norden machen Müllberge zu schaffen. In der Otto-Umfrid-Straße quellen die Tonnen vor den Gebäuden Nummer 4, 6 und 10 über. Der Müll stapelt sich rund um die Container. Vor den Hausnummern 61 bis 67 an der Nordbahnhofstraße das gleiche Bild: Die Container sind so voll, dass sie nicht geschlossen werden können und die Müllbeutel daneben abgelegt werden.

 

„Das Problem beschäftigt uns seit Wochen“, stellt der Anwohner Bertram Wohlfahrt fest. Er geht davon aus, dass das enorme Abfallaufkommen damit zusammen hängt, dass viele Anwohner wegen der Corona-Krise im Homeoffice arbeiten, deshalb mehr kochen und mehr Abfall anfällt. Wohlfahrt: „Sieht man ja, ist alles Hausmüll.“ Er hat sich an den Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) gewendet und außerdem eine gelbe Beschwerdekarte an die Stadtverwaltung geschrieben. „Bislang erfolglos“, sagt der ehemalige Bezirksbeirat der Grünen. Schon Anfang April habe er die AWS über die Missstände unterrichtet. „Man teilte mir mit, dass die Tonnen wegen Überfüllung nicht mitgenommen worden sind“, sagt Wohlfahrt. Am Gründonnerstag wurde laut Wohlfahrt dann doch geleert. Seither aber nicht mehr, weil der Müll das Fassungsvermögen der Tonnen übersteigt und wieder neben den Behältern aufgetürmt wird.

Was neben der Tonne liegt, muss die Hausverwaltung entsorgen

Anwohner wollen beobachtet haben, dass ein Hausmeister, der für die betroffenen Gebäude zuständig ist, die Container austauscht: „Und zwar die leeren Tonnen vor unserem Gebäude gegen volle der Nachbarn“, sagt ein Anwohner. Tatsächlich stehen in der Otto-Umfrid-Straße Container mit dem Aufkleber Nordbahnhofstraße und in der Nordbahnhofstraße Container mit dem Aufkleber Otto-Umfrid-Straße. Trotzdem fühlt sich der Hausmeister zu Unrecht verunglimpft: „Bevor sie sich beschweren, sollten die Leute mit mir reden“, sagt er, räumt aber den Vorwurf ein. „Mein Arbeitgeber ist Eigentümer der Gebäude und hat mich beauftragt, die Container auszutauschen, wenn sie vor einem seiner Häuser nicht voll und vor einem anderen voll sind.“ An diese Anweisung halte er sich, und außerdem würden einige Leute ihren Müll unberechtigterweise in den Containern entsorgen.

Helmut Laich, der die Gebäude Otto-Umfrid-Straße 4, 6, 10 und Nordbahnhofstraße 61 bis 67 erbauen ließ und an die Edda-und-Helmut-Laich-Stiftung, deren Geschäftsführer er ist, übergeben hat, steht hinter seinem Hausmeister. Der Austausch der Mülleimer bei den stiftungseigenen Gebäuden sei „vernünftig“, sagt er und versichert, dass er zu den elf 1,1-Kubikmeter-Tonnen zwei weitere Behälter bestellt und außerdem bereits eine kostenpflichtige Sonderleerung veranlasst habe. Laich: „Das Problem ist, das während der Corona-Krise viele Leute zu Hause sind, Schränke und Keller aufräumen und Überflüssiges in unseren Containern entsorgen.“ Außerdem würden Norma-Kunden auf dem Weg zum Einkauf ihren Abfall in die Tonnen packen. Von der AWS hätte er sich in der Krise mehr Großzügigkeit bei der Abholung gewünscht.

Eine großzügigere Handhabung sei bereits gegeben, sagt Gerhard Knobloch, Vize-Geschäftsführer der AWS. „Unsere Leute leeren jetzt auch Behälter mit offenem Deckel“, stellt er fest und räumt ein, dass Säcke neben den Containern nicht mitgenommen werden. Zum einen aus Gründen des Gesundheitsschutzes für die Müllwerker, zum anderen, weil sich Eigentümer mit zu kleinen Behältern so einen Gebührenvorteil verschaffen. Er bestätigt, dass für die betreffenden Gebäude in Otto-Umfrid- und Nordbahnhofstraße weitere Behälter geordert seien und rät, zusätzliche gebührenpflichtige Müllsäcke anzuschaffen. Knobloch: „Alles, was neben der Tonne liegt, muss die Hausverwaltung entsorgen.“ Laich hat seinem Hausmeister grünes Licht für diese Anschaffung gegeben und hofft, dass das Problem bis zum Wochenende wortwörtlich aus der Welt und aus dem Viertel geräumt ist.