Joachim Welz aus Filderstadt kennt die ungläubigen Blicke, die schlüpfrigen Witze, wenn er sagt, was er neben seinem IT-Hauptjob tut: Er führt auf seinem Online-Portal www.spermaspender.de kinderlose Frauen und private Samenspender zusammen. Der Bedarf sei gewaltig.

Bernhausen - Klingt nach einer guten Partie: Der Mittzwanziger aus Bonn ist sportlich, größer als 1,80 Meter, grüne Augen, volles blondes Haar. Er studiert Jura, und Augen- oder Herzerkrankungen plagen ihn auch nicht. Wer hätte gern ein Kind von S.? Ungehörig ist die Frage nicht, denn auf www.spermaspender.de bietet er seinen Samen an. So wie Tausende andere Männer. Und Tausende Frauen suchen Männer wie ihn.

 

Der Betreiber der Seite ist Joachim Welz. Der Familienvater aus Bernhausen kennt die ungläubigen Blicke, die schlüpfrigen Witze, wenn er sagt, was er neben seinem IT-Hauptjob tut. „Es ist ein erklärungsbedürftiges Produkt.“ Das ist ein Satz, den er häufig verwendet. Aber wenn er dann darüber spreche, „dann kommt der Aha-Effekt“. Dann reagierten die Menschen durchweg positiv. „Letztlich tue ich nichts anderes, als Angebot und Nachfrage zusammenzubringen“, sagt Welz.

Vor allem lesbische Frauen suchen dort einen Mann

Der Bedarf, der ist gewaltig. Seit 2003 betreibt Joachim Welz sein Forum, und heute führe er 25 000 Suchende und noch mal so viele Anbieter in der Datenbank. Jeweils knapp unter 5000 von ihnen haben auch Anzeigen geschaltet, in denen sie sich aktiv mit Steckbrief vorstellen. Vor allem lesbische Frauen sind über das Portal auf der Suche nach einem Mann, der seinen Samen gibt, aber auch heterosexuelle Singles, „die nicht mehr drei Jahre in der Gegend rumdaddeln wollen“, wie Joachim Welz sich ausdrückt, oder Paare, die aus medizinischen Gründen kinderlos sind. „Es gibt großes Leid, wenn Frauen sich ein Kind wünschen, es aber nicht bekommen können“, sagt er. Im Forum stecke viel Herzblut, etwas verdient sein müsse aber auch. Sprich: Wer auf der Seite andere Personen aktiv anschreiben möchte, muss eine kostenpflichtige Mitgliedschaft abschließen.

Laut Bundesfamilienministerium war 2018 bundesweit fast jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 ungewollt kinderlos. 2015 hat das Ministerium zudem eine Studie veröffentlicht, die aufzeigt, dass 34 Prozent der ungewollt kinderlosen Frauen ohne Partner sind. Und die sagten immer häufiger: dann eben allein. „Bereits 27 Prozent der unter 30-Jährigen mit bisher unerfülltem Kinderwunsch haben diese Alternativvorstellung. Mit zunehmendem Alter wird bei Frauen der Kinderwunsch von der konventionell-bürgerlichen Chronologie (erst die feste Partnerschaft, aus der dann ein Kind hervorgeht) entkoppelt“, heißt es in der Studie. Ob ledig oder liiert: Reproduktionskliniken boomen, „doch es gibt viele, die sich das nicht leisten können“, weiß Joachim Welz.

Von einer natürlichen Zeugung rät er ab

Der kommunikative Mann im schneeweißen Hemd hat mit den Dienstleistungen, die er vermittelt, eigentlich gar nichts am Hut. Joachim Welz ist 56, verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder, die natürlich gezeugt wurden. Einst sicherte er sich nach der Lektüre eines Artikels die Internetdomain stammzellenspender.de – um sie später verkaufen zu können. Die, so dachte er, würde sich aber mit Inhalten gefüllt besser veräußern lassen, also platzierte der IT-Experte ein einfaches Forum, „ein ganz billiges Ding“, zur Samenspende. „Innerhalb von einer Woche ging das von Null auf Hundert.“

2006 änderte er den Namen der Website, zudem hat er Infomaterial veröffentlicht und vertreibt Inseminationsutensilien. Joachim Welz betont, alles zu tun, um Transparenz herzustellen und Frauen vor Kerlen zu schützen, die keine Gesundheitstests vorweisen oder die Spende als Chance für leichten Sex sehen. So gibt es ein Bewertungssystem für die Männer, und von jenen, die die Bechermethode ablehnen und auf eine natürliche Zeugung drängen, rate er grundsätzlich ab. Den Rest müssten die Personen privat miteinander ausmachen, dafür sei er nicht mehr zuständig.

Joachim Welz bezeichnet sich scherzhaft als Klapperstorch. Er sei stolz drauf, so vielen Menschen zum Glück verholfen zu haben. Wie vielen, kann er schwer sagen. Anhand der Weihnachtspost, die ihn erreicht, schätzt er die Zahl der Babys, für die er pro Jahr indirekt verantwortlich ist, größer als 100. Eine lesbische Frau, die er beraten hatte, hat er bei einer Veranstaltung im Regenbogen-Zentrum Weißenburg wiedergetroffen. Samt Nachwuchs. Die anderen Krabbler im Raum seien auch sein Verdienst, habe die Frau verraten. „Da hatte ich schon Tränen in den Augen.“