Die Klassik Stiftung Weimar soll nach Ansicht von deren scheidendem Präsidenten, Hellmut Seemann, einem weiten Feld der Weimarer Kulturgeschichte gerecht werden. „Wir sehen uns in der Klassik Stiftung nicht mehr nur als ein Ort der klassischen deutschen Literatur“, sagte Seemann.

Weimar - Die Klassik Stiftung Weimar soll nach Ansicht von deren scheidendem Präsidenten, Hellmut Seemann, einem weiten Feld der Weimarer Kulturgeschichte gerecht werden. „Wir sehen uns in der Klassik Stiftung nicht mehr nur als ein Ort der klassischen deutschen Literatur“, sagte Seemann. Die Stiftung müsse Perspektiven auf das kontinuierliche Geschehen von der Reformation bis zur klassischen Moderne im 20. Jahrhundert aufzeigen. Dazu zähle auch das nahe gelegene ehemalige NS-Konzentrationslager Buchenwald, das das Bild Weimars in der Welt genauso mitgezeichnet habe. „Unser Hauptanliegen ist es, diese Entwicklung in den Blick zu nehmen, nicht nur Goethe und Schiller und vielleicht noch ein paar wie Herder und Wieland und ganz am Anfang Luther und ganz am Ende Gropius“, sagte Seemann.

 

Ein Haus mit Vorreiterrolle

Es gelte, all dies in den Zusammenhang zu bringen, so der 65-Jährige. Ein wichtiges Zwischenergebnis sei dabei in seiner Zeit gelungen: „Wir haben die Moderne nach Weimar geholt“. Nach Jahre langer Planung hatte im Frühjahr das neue Bauhaus Museum in Weimar eröffnet. Publikum aus der ganzen Welt war dafür angereist. Walter Gropius gründete vor 100 Jahren in Weimar das Bauhaus als Gestaltungsschule, die für viele als Vorreiter der Moderne gilt.

Eine große Aufgabe sei es gewesen, die vielen Liegenschaften in Stiftungsverantwortung in einen Zustand zu bringen, der ihrem Status entspreche. „Immerhin gibt es keine mehr, die einen Dornröschenschlaf führt“, sagte der studierte Jurist Seemann. Wohin aber Spätfolgen von vorheriger Vernachlässigung führen können, habe sich beim Brand der Herzogin Anna Amalia Bibliothek 2007 gezeigt, der vermutlich durch ein defektes Elektrokabel ausgelöst wurde.

Man hätte frühere auf Gefahren und Risiken reagieren müssen. Noch über Jahre werden die Folgen des Brandes die Stiftung beschäftigen, ist Seemann überzeugt. Immer noch werden etwa aus der Brandruine gerettete Bücher restauriert. „Ein Generationenauftrag, der vom Schicksal ausgesprochen wurde“, so Seemann.

18 Jahre an der Spitze

Dass Seemann überhaupt 18 Jahre an der Stiftungsspitze blieb, war nicht immer absehbar. Der frühere Kulturminister Thüringens, Christoph Matschie (SPD), hätte nach rund zehn Jahren mit Seemann gerne einen anderen Präsidenten gehabt. Trotzdem war Seemanns Vertrag 2015 verlängert worden. „Bei dieser Entscheidung mussten die Verantwortlichen der Landesregierung damals merken, dass sie nicht die öffentliche Unterstützung hatten“, erinnert sich Seemann. Im Stiftungsrat war ihm die Mehrheit sicher.

„Alle haben viel aus der Konstellation gelernt“, resümiert er. Nichts sei schlimmer, als wenn solche Konflikte gerade im Kulturbereich still abgearbeitet würden. Gerade in der Kultur sei ein öffentlicher Dialog notwendig. „Und wie immer es ausgeht, das muss man annehmen und aushalten. Das Ergebnis damals, war für mich persönlich dann erfreulich.“

Einen weniger erfreulichen Punkt nennt Seemann aber auch: „Beim Stadtschloss hätte ich mir schon gewünscht, dass wir weiter sind.“ Das Residenzschloss ist auch Verwaltungssitz der Stiftung und seit vergangenem Jahr für Publikumsverkehr wegen Sanierungen geschlossen. Frühestens 2023 soll die Arbeit abgeschlossen sein.

Die Klassik Stiftung Weimar zählt mit mehr als zwei Dutzend Museen, Schlössern, historischen Häusern und Parks sowie den Kunst- und Literatursammlungen zu den größten Kulturstiftungen Deutschlands. Viele ihrer Häuser gehören zum Unesco-Weltkulturerbe. Getragen wird sie von Bund, Land und Stadt. Ab August wird Ulrike Lorenz den Posten an der Stiftungsspitze übernehmen. Sie war zuvor unter anderem Direktorin der Kunsthalle Mannheim.