Die Politik ernennt den Generalbundesanwalt. Spannungen zwischen der Politik und dem obersten Ermittler der Nation hat es in den zurückliegenden Jahrzehnten aber immer wieder gegeben.

Stuttgart - Die Bundesanwälte bezeichnen sich gerne als „kleine, aber feine Behörde“, was man so stehen lassen könnte, wenn sie nicht dem permanenten Druck von Politik und Öffentlichkeit ausgesetzt wäre. Politiker wählen sie aus und ernennen sie – und das schafft Abhängigkeiten. Wie alle Staatsanwälte sind sie weisungsgebunden, jedenfalls bis zu einer gewissen Grenze des Rechts. Da kann es dann ungemütlich werden, wie gerade Generalbundesanwalt Harald Range erfährt. Den bisher massivsten Druck auf die Bundesanwaltschaft hat das – eigentlich unzuständige – Bundesverteidigungsministerium 1962 im „Spiegel“-Fall ausgeübt. Der spätere Generalbundesanwalt Sigfried Buback (1974-1977) organisierte die Aktion gegen den Hamburger Verlag.

 

Sigfried Buback ist 1977 ermordet worden. Foto: AP
Den eigentlich guten Ruf dieser Bundesbehörde begründete der erste Generalbundesanwalt Max Güde, der von 1956 bis 1961 amtierte. Er war liberal und ein Gegner des KP-Verbots. Im Prozess gegen KP-Funktionäre fragte ihn ein Richter, ob sich der Ankläger derart für die Angeklagten einsetzen dürfe, worauf Güde antwortete: „Wieso denn nicht?“ Auch später, im Bundestag, trat er für ein liberaleres Strafrecht ein.

Mit ihrer Auswahl hatten die Politiker nicht immer Glück. Als Nachfolger Güdes kaum im Amt, wurde Wolfgang Fränkel von der DDR wegen seiner Dienstzeit beim Reichsgericht scharf angegriffen. Er habe zu Todesurteilen beigetragen. In der Öffentlichkeit wurde der Fall breit diskutiert, so dass der Bundespräsident ihn in den einstweiligen Ruhestand versetzte. Obwohl die Vorwürfe später widerlegt wurden, schrieb die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“: „Generalbundesanwalt darf nur werden, wer keine Angriffe aus Pankow zu fürchten hat.“

Alexander von Stahl ist entlassen worden

In außergewöhnlichem Maße geriet Generalbundesanwalt Alexander von Stahl (1990-1993) mit der Politik aneinander. Der FDP-Mann wurde vom Bundesjustizminister Engelhard (FDP) berufen, dann aber von der Presse zunehmend gerügt, weil er seine Behörde abschottete. Wegen seiner Informationspolitik im RAF-Fall Bad Kleinen löste ihn die FDP-Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger ab. Vermutlich aber auch, weil von Stahl für eine national-liberale FDP eintrat.

Kay Nehm (1994-2006) führte das Amt eher unauffällig, sprach aber in seiner Abschiedsrede von den „machtversessenen Frauen“, unter denen die Behörde zu leiden habe. Gemeint war die Justizministerin Däubler-Gmelin, die ihm nach der Wiedervereinigung die Leuna-Akten zugeschoben hatte, obwohl er nicht zuständig war. Und als sie ihn verpflichtete, ihr jedes Presse-Interview zur Prüfung vorzulegen, gab Nehm nur noch Fernseh-Interviews. Monika Harms (2006-2011) verbat sich bei ihrer Verabschiedung eine Dankesrede ihrer Ministerin. Das kleine, aber feine Amt kann auch verbittern.