Ein kleiner Garten wirkt umso größer, je mehr Struktur er durch Wege, Büsche, Stauden und Sitzplätze hat. Eine Erkenntnis, die vor allem in dichtbesiedelten Gebieten von Relevanz ist, wo hinterm Haus oft selten mehr als 50 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Ein Gartengestalter erklärt, wie er solche „Handtücher“ veredelt. .

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Es klingt paradox: Ein kleiner Garten wirkt umso größer, je mehr Struktur er durch Wege, Büsche, Stauden und Sitzplätze hat. Unerwartete Ein-und Ausblicke machen ihn erst reizvoll. Die Rede ist vom Handtuch-Garten hinter dem Reihenhaus mit 50 Quadratmetern – mehr kann sich in Stuttgart kaum jemand leisten. So ein Grundstückchen ist eine Herausforderung. „Da ist eine dicke Terrasse, eine Schaukel und der verzweifelte Versuch, einen Sichtschutz aufzubauen“, charakterisiert Hartmut Bremer von Blattwerk, was er als Gartengestalter häufig zu sehen bekommt.

 

Wer seine schüttere Grünfläche und eine vor sich hinwelkende Blumenrabatte in ein grünes Wohnzimmer verwandeln will, muss zuerst herausfinden, welcher Gartentyp er ist und wie viel Zeit und Geld er aufwenden kann. Der Ordnungsfanatiker will formale Strukturen – Stahl statt Stein, Rechtecke statt Rundungen. Der Naturfreund liebt wilde Wucherungen und setzt Nutzpflanzen wie Tomaten oder einen Johannisbeerstrauch in die Rabatte. Für Eltern mit kleinen Kindern sind dornige Rosen tabu, ebenso giftige Pflanzen, scharfkantige Beet-Einfassungen oder ein tiefer Teich. „Wenn Kinder da sind, ist Rasen als Spielfläche zwingend“, sagt Bremer. „Sonst ist er verzichtbar.“

Der Familienrat wählt den Siegerentwurf

Er skizziert für jeden Typ ein grünes Zimmer ohne Sackgassen. „Eine Terrasse sollte nicht über die ganze Hausbreite gehen, sondern lieber schmaler und dafür länger sein“, rät er. Wer ohne Hilfe von Profis den Garten neu gestalten will, sollte selbst Entwürfe auf der Grundlage einer maßstabsgetreuen Ansicht des Grundstücks machen. Auf diese kann man Transparentpapier legen und so auf mehreren Blättern unterschiedliche Ideen malen. Der Familienrat wählt den Siegerentwurf. In dem sollten attraktive Hingucker auf der ganzen Fläche verteilt sein. „Ich versuche, die Menschen mit einem Sonntagabendplätzchen im hinteren Bereich des Gartens von der Terrasse wegzulocken“, verrät Bremer. „Von dort aus kann man abends bei einem Glas Wein sein Haus betrachten und bei sich denken – ist doch ganz okay, was ich hier mache“, sagt er schmunzelnd. Wenn dann noch ein kleiner Brunnen oder das Wasser auf einem Quellstein dezent plätschert, ist die Illusion der heilen Welt perfekt. Wasser ist das große Thema im kleinen Garten: „Es spiegelt den Himmel und hat etwas Archaisches“, erläutert Brenner. „ Es ist das Herz des Gartens.“

Egal, ob er ein neues Gesicht bekommen soll oder nicht, im März ist Hochsaison im Garten. „Man kann jetzt den Winter wegräumen“, sagt Gabriele Haag-Knobloch vom Einkaufsgarten Haag. Laub weg, Boden lockern, Gehölze, Stauden und Rosen schneiden und die Frühjahrsblüher pflanzen. „Die Düngung ist jetzt wichtig“ ergänzt der Gärtner Peter Haag. „Wir haben in Stuttgart unterschiedliche Böden, in der Mehrzahl schwere und lehmige.“ Für Auflockerung sorgt ein organischer Bodenaktivator, der Regenwürmer anlockt. „Wenn ich Gehölze oder Pflanzen umsetzen will, ist jetzt genau die richtige Zeit“, weiß Haag.

Man sollte sich nicht einmauern

Zum Beispiel für die Gestaltung des kleinen Sitzplatzes in der Randzone des Gartens. Sollte der Sonntagsabendplatz zu sehr auf dem Präsentierteller liegen, kann ihn eine Plane abschirmen. „Aber man sollte sich nicht einmauern“, findet der Gartenplaner Bremer. Anders ist es in der Nähe des Hauses. Da lautet sein Motto: „Privatsphäre ist notwendig, damit Nachbarschaft funktioniert.“ Reihenhausbewohner können sich etwa gemeinsam einen grenzüberschreitenden, vielleicht geschwungenen Sichtschutz aus immergrünen Büschen anlegen, sodass jede Partie eine Zone erhält, in der die Bewohner morgens schlaftrunken wandeln können, ohne dass ein direkter Blickkontakt zum Nachbarn besteht.

Beim Bepflanzen der Beete geht der Trend zu anspruchslosen Pflanzen, die mit wenig Wasser auskommen. Stauden und Kräuter verändern das ganze Gartenjahr über ihr Gesicht. „Man muss ein Gefühl für die Jahreszeiten und die jeweiligen Pflanzen entwickeln“, sagt Gabriele Haag-Knobloch. Ihre Devise lautet: Learning by doing. Bremer gibt zu bedenken, dass der Gartenbesitzer sein Gütle zu 90 Prozent von innen aus betrachtet. Der Garten sollte also eine ansprechende Kulisse für die Wohnräume bieten. „Alles durcheinander in den Beeten wachsen zu lassen, ist nicht mehr gefragt“, weiß er. Gestaltete Pflanzungen sind jetzt gefragt: mediterran, bäuerlich oder als Steingarten.

Der Rasenspezialist rät „mähen, mähen, mähen“

Stets muss der Hobbygärtner bei der Planung im Auge behalten, wie groß die Gehölze und Stauden werden, denn das Licht dürfen sie sich gegenseitig nicht rauben. Das gilt besonders für das Gras. Unter einem Baum hat es kaum eine Chance. Der Rasenspezialist Thomas Juzeler rät „mähen, mähen, mähen“. Anfangs sogar dreimal in der Woche, damit die Grashalme nie höher als einen Zentimeter hoch sind. „So kommt mehr Licht dran und der Rasen wird dicht.“ Zwei- bis dreimal im Jahr muss gedüngt werden. Sollte sich Moos breit gemacht haben, braucht das Gras eisenhaltige Unterstützung. Wer genau wissen will, wie die Qualität des Erdreichs ist, kann eine Probe zum Bodenfachzentrum nach Filderstadt schicken und sie analysieren lassen.

Vor allem aber das Bewässern von Rasenflächen will gekonnt sein. „Wenn man abends nach Hause kommt und fünf Minuten Wasser aus dem Gartenschlauch drüber laufen lässt, ist eigentlich die Zeit dafür zu schade“, sagt Juzeler, der auch den Rollrasen vor dem Neuen Schloss verlegt und in Schuss hält. Bei 30 Grad Celsius braucht der Rasen 30 Liter Wasser pro Quadratmeter und das zwei-bis dreimal in der Woche, rechnet er vor. Egal, ob Rollrasen, auf dem die Kinder nach zwei Wochen schon spielen können, oder eingesätes Gras, das monatelang Schutz braucht – eines gilt für jede Grünfläche: Der Pflegeaufwand bleibt für immer. Schwindenden Eifer quittiert sie sofort mit Schönheitsfehlern.