Baden-Württemberg wagt den nächsten Schritt im Sport – und nimmt dabei Vereine, Trainer und Spieler in die Pflicht.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Lockerungen sind plötzlich in aller Munde – im alltäglichen Leben, aber auch im Sport. Und im Fußball. In der DFL mit erster und zweiter Bundesliga wird bald schon wieder gespielt, soweit ist der Amateurbereich noch nicht. Doch am Donnerstag kam vom Kultusministerium Baden-Württemberg zumindest ein Signal, dass von nächsten Montag an alle Sportarten unter freiem Himmel und unter Einhaltung strenger Infektionsschutzvorgaben wieder ausgeübt werden können.

 

Also auch der Fußball mit seinen vielen Amateur- und vor allem auch Jugend-Mannschaften. Konkret können diese individuell und in Kleingruppen (bis maximal fünf Personen) trainieren, etwa in Form von Konditions- oder Koordinationstraining mit verschiedenen Stationen über das Feld verteilt oder mit Technik- oder Torschussübungen – immer unter Einbeziehung des Mindestabstandes. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat einen Leitfaden mit konkreten Trainingsübungen erarbeitet, der allen Vereinen einen Rahmen für die mögliche Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs gibt. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Übungsformen mit Zweikampfverhalten oder nahem Körperkontakt weiter ausgeschlossen sind. Die Einhaltung der Vorgaben soll stichprobenweise von den Ordnungsbehörden kontrolliert werden.

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Zunächst einmal sind jetzt die Vereine gefordert. Stellvertretend steht das Beispiel des SV Vaihingen, dessen erste Mannschaft in der Bezirksliga kickt. Der langjährige Abteilungsleiter Peter Breuer sagt zu der Thematik: „Wir sind am Freitag von unserem Vorstand aufgefordert worden, ein Konzept auszuarbeiten, wie die Vorgaben umgesetzt werden können.“

Das werden die Verantwortlichen zeitnah machen, wobei Breuer davon ausgeht, dass der eingeschränkte Trainingsbetrieb dann erst in der übernächsten Woche wieder starten wird. Und das wohl auch nicht durchgehend bei allen 23 Mannschaften des Vereins. Sondern voraussichtlich bei den Aktiven bis hinunter zur U 13. Bei noch jüngeren Spielern werde es schwierig, denen die Vorgaben klarzumachen und umzusetzen. „Bei den älteren Jugendlichen bin ich überzeugt, dass wir die passenden Trainer haben, die das hinbekommen werden“, sagt Breuer.

Denn die Übungsleiter werden letztendlich in aller Regel die offiziell zu nennende Person sein, die für die Einhaltung der Verhaltensregeln verantwortlich ist. Und die sind nicht ganz ohne: So müssen die gemeinsam benutzten Sport- und Trainingsgeräte (in diesem Fall also der Ball) nach der Nutzung gereinigt und desinfiziert werden. Die Duschräume sind tabu, zudem müssen alle Teilnehmer/innen des Trainings schriftlich dokumentiert werden. Dies alles erfordert eine hohe Zuverlässigkeit vor allem der Übungsleiter – aber natürlich auch der Spieler.

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Für die ist noch offen, ob der Spielbetrieb in dieser Saison überhaupt nochmals aufgenommen wird. Darüber will der württembergische Verband (WFV) in Absprache mit den badischen Kollegen am Dienstag entscheiden. Ausgang offen. Doch Breuer geht davon aus, „dass die Zeit für den Spielbetrieb zu knapp und die Saison abgebrochen wird“. Mit einer Ausnahme: Er setzt bisher auf die Durchführung des Bezirkspokals, in dem der SV Vaihingen im Halbfinale (gegen die Sportvg Feuerbach) steht. Ob es dazu kommt? „Diese Partie wäre für unsere Spieler auf alle Fälle eine Motivation im Training.“ Der Oberligist Stuttgarter Kickers will wiederum erst einmal die WFV-Entscheidung abwarten, um durch eine mögliche vorzeitige Aufnahme des Trainings nicht das Kurzarbeitergeld für seine Spieler zu gefährden.

Sollte die Saison abgebrochen werden, werden sich wohl auch etliche Vereine überlegen, ob sie die Möglichkeit des Kleingruppen-Trainings nochmals aufnehmen oder den Blick nicht lieber gleich auf die neue Saison richten. Die soll im Bezirk Stuttgart dieses Jahr bereits Mitte August beginnen. Sofern das bis dahin überhaupt möglich ist. Denn trotz der Lockerungen im Trainingsalltag ist der Amateurfußball vom Spielbetrieb noch ein ganzes Stück weit entfernt. Zumindest in Baden-Württemberg.

Anders in Nordrhein-Westfalen. Dort ist Sport mit Körperkontakt sogar schon von 30. Mai an wieder erlaubt. Was wiederum auf Kritik stößt. Präsident Gundolf Walaschewski vom Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen warnt: Was wie eine „frohe Botschaft“ wirke, entpuppe sich bei genauem Hinsehen als „voreilig, unausgegoren und hoch riskant“.