Aktivisten dürfen Porträts Macrons aus Rathäusern entfernen.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Paris - Politik ist oft eine Sache von Symbolen. Nach dieser Erkenntnis agieren einige Umweltaktivisten in Frankreich und schreiten deshalb seit Monaten immer wieder zu einer eher außergewöhnlichen Tat. In losen Abständen gehen sie in Rathäuser und hängen das dort angebrachte Foto des Präsidenten Emmanuel Macron ab. Sie demonstrieren auf diese Weise gegen die nach ihrer Meinung nach verfehlte Klimapolitik des Staatschefs im eigenen Land. In den sozialen Medien verbreiten sich solche Aktionen in Windeseile, so auch jene, als elf junge Menschen vor einigen Monaten in das Rathaus im 2. Arrondissement in Lyon eindrangen dort das präsidiale Porträt von der Wand nahmen. Doch der Staat wollte sich dieses ungebührliche Verhalten in diesem Fall nicht gefallen lassen und so forderte der Staatsanwalt 500 Euro Buße für die Tat. Das hätte keine weitere Aufregung verursacht, wären in diesen Tagen die Aktivisten nicht von einem Gericht in Lyon freigesprochen worden.

 

Eine besondere Form von Meinungsäußerung

Der Diebstahl eines Objektes „von hohem symbolischen Wert“ sei eindeutig bewiesen, urteilte der Richter. Doch in seinen Augen beeinflusse die Veränderung des Klimas „die Zukunft der Menschheit in so gravierendem Maße“, dass auch „besondere Formen der kritischen Meinungsäußerung“ durch die Bürger gerechtfertigt seien. Zudem habe sich der Eingriff in die öffentliche Ordnung in einem sehr überschaubaren Rahmen bewegt. Die Umweltaktivisten jubeln, angesichts des Urteils und sprechen gar von einer „historischen Entscheidung“, die den zivilen Ungehorsam angesichts des bedrohlichen Klimawandels legitimiere.

Umweltgruppen werfen ihrem Präsidenten vor, dass er zwar viel über den Kampf gegen den Klimawandel rede, aber keine Taten folgen lasse. Kritisiert wird von den Aktivisten vor allem Macrons fast krampfhaftes Festhalten an der Atomkraft. Bei den Europawahlen im Mai dieses Jahres stiegen die französischen Grünen mit knapp über 13 Prozent der Wählerstimmen überraschend zur drittstärksten Kraft im Land auf. Das könnte den Präsidenten dazu bringen, so die Hoffnung der Umweltgruppen, nicht nur Sonntagsreden zum Thema Klima zu halten und damit neue Bilderstürme zu verhindern.