Die Bauwirtschaft im Südwesten fordert, dass deutlich mehr alte Häuser gedämmt werden – sonst würden die Klimaziele nicht erreicht. Die Konjunktur in der Branche entwickle sich auch 2020 gut.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Die Zahl der älteren Häuser, die jedes Jahr saniert werden, müsse verdoppelt werden. „Sonst erreichen wir die Klimaziele bis 2050 nicht“, erklärte der Vizepräsident der Landesvereinigung Bauwirtschaft, Rainer König. Nach seinen Angaben sind 62 Prozent aller Wohngebäude in Baden-Württemberg – dies entspricht 2,4 Millionen Häusern – vierzig Jahre alt oder älter. Davon wird nach Königs Worten im Jahr aber lediglich ein Prozent energetisch saniert. „Wir brauchen aber dringend zwei Prozent,“ meinte König. 30 Prozent aller CO2-Emissionen seien auf schlecht gedämmte Gebäude oder veraltete Heizungen zurückzuführen.

 

Staat fördert Sanierung

Nach der jüngst beschlossenen Förderung können 20 Prozent der Investitionskosten von der Steuer abgesetzt werden. Der Höchstbetrag ist allerdings bei 40 000 Euro gedeckelt. Auch die Ausbaubetriebe könnten eine Verdoppelung der Sanierungsmaßnahmen „durchaus stemmen“, meinte König.

Kritik übt die Bauwirtschaft auch am Zustand vieler Brücken im Südwesten. Rund 60 Prozent aller Brücken an Autobahnen, 50 Prozent der Brücken an Bundesstraßen und 45 Prozent der Brücken an Landesstraßen seien in einem schlechten Zustand, rügte der Präsident der Landesvereinigung Bauwirtschaft, Bernhard Sänger. Ein großer Teil dieser Brücken stamme aus den 60er und 70er Jahren und sei nicht für den bis heute stark gewachsenen Verkehr geplant worden. Deshalb müssten nicht nur die finanziellen Mittel für die Sanierung erhöht, sondern auch die Genehmigungsverfahren vereinfacht werden.

Brücken marode, aber nicht einsturzgefährdet

Es sei ein Unding, eine Genehmigung wie für einen kompletten Neubau vorzuschreiben, wenn lediglich eine alte Brücke abgerissen und an derselben Stelle wieder durch eine neue ersetzt werde. Als Beispiel für den Substanzverfall nannte Sänger zwei Brücken zwischen Mannheim und Ludwigshafen. Da nicht rechtzeitig in die Erhaltung investiert worden sei, müsse jetzt eine der beiden Hochstraßen, die Mannheim mit Ludwigshafen verbinden, komplett abgerissen werden. „Es besteht aber nirgends die Gefahr eines Einsturzes wie in Genua“, sagte Sänger. Die Brücken würden von Fachleuten ausreichend kontrolliert.

Umsatz steigt weiter

Größtes Problem am Bau ist nach wie vor der Mangel an Fachkräften. Die Zahl der Mitarbeiter bei den Unternehmen im Südwesten soll 2020 von 107 000 auf rund 110 000 Beschäftigte steigen. Der Umsatz wird nach einer Prognose von Sänger in diesem Jahr um fünf Prozent auf dann 20 Milliarden Euro zunehmen. Die Baupreise dürften sich seiner Ansicht nach um 4,5 Prozent erhöhen. Im vergangenen Jahr war der Umsatz noch um neun Prozent auf 19 Milliarden Euro gestiegen. Die Zahl der Mitarbeiter hatte sich um 3,5 Prozent erhöht, die Baupreise waren um 4,9 Prozent geklettert.

Der Wohnungsbau profitiere noch immer von der hohen Erwerbstätigkeit und guten Einkommen, meinte Sänger. Im Wirtschaftsbau hätten dagegen erste Firmen Projekte storniert. Man sehe aber noch keine Gewitterwolken am Horizont, sagte der Geschäftsführer der Landesvereinigung, Thomas Möller. Beim öffentlichen Bau fehle es weniger an Geld als an den notwendigen Planungskapazitäten.