Unternehmen versiegeln für ihren Betrieb oftmals größere Flächen. Firmen im Kreis Ludwigsburg zeigen, wie sie Areale verstärkt ökologisch aufwerten wollen und was sie für den Klima- und Umweltschutz schon jetzt tun.

Der Klimawandel macht sich immer stärker bemerkbar. Die Politik versucht unter anderem mit der Energiewende gegenzusteuern. Aber was tragen die Unternehmen zur Nachhaltigkeit bei? Vor allem auf ihrem Firmengelände, wo mancherorts viel Potenzial schlummert, weil mitunter große Flächen versiegelt sind? Der Eindruck im Kreis Ludwigsburg: Es scheint sich etwas zu bewegen. Klassische Photovoltaikanlagen gehören inzwischen zum Standard, manche Unternehmen setzen aber sogar auf Blühwiesen – oder rüsten ihren Parkplatz zum kleinen Kraftwerk um.

 

Bosch in Schwieberdingen Bei der Firma Bosch beginnt nach den Osterferien ein ökologisches Großprojekt. Auf den Parkplätzen an der Weinstraßenkreuzung wird dann ein Solar-Carport errichtet. „Bis November 2023 sollen mehr als 6700 Photovoltaikmodule an das Stromnetz des Bosch-Standorts angeschlossen werden“, teilt Sprecherin Christiane Spindler mit. Fast 800 Stellflächen würden überdacht und mit Solarmodulen bestückt. Nach Inbetriebnahme der Anlage verfüge man an dem Standort über eine Photovoltaikleistung von 4,6 Megawattpeak. Zudem solle „eine bedarfsgesteuerte und insektenfreundliche Beleuchtung unter den Solar-Carports“ die bisherige nächtliche Dauerbestrahlung ersetzen, kündigt Spindler an.

Olymp in Bietigheim-Bissingen Der Hemdenhersteller Olymp setzt ebenfalls auf Photovoltaik, über die er in Verbindung mit einem Blockheizkraftwerk bei Sonnenschein nahezu den gesamten Strombedarf für die Logistik selbst erzeugen könne, wie Geschäftsführer Mark Bezner hervorhebt. Außerdem sei der Standort in Bietigheim-Bissingen seit 2019 klimaneutral, was unter anderem der Nutzung von Abwärme und dem Einsatz von Geothermie zu verdanken sei. „Darüber hinaus existieren auf unserem Betriebsgelände bereits annähernd 15 000 Quadratmeter an Grün- und Rasenflächen sowie Blumenbeeten“, erklärt Bezner. Ein Großteil davon finde sich auf Garagen und Gebäuden, die mit dem artenreichen Dickblattgewächs Sedum bepflanzt seien. Davon profitierten auch Insekten.

Die Artenvielfalt will Olymp zudem mit einer naturbelassenen 3500 Quadratmeter großen Wildblumenwiese stärken. „Um unsere Unternehmensverantwortung nachhaltig zu beflügeln, haben wir im letzten Frühjahr zudem sechs Bienenvölker auf unserem Firmengelände angesiedelt“, berichtet der Firmenchef. Neben Hemden gibt es nun also auch Honig made by Olymp.

Ikea in Ludwigsburg Sobald es wärmer wird, schwirren die schwarz-gelben Insekten auch über das Gelände von Ikea. Die Bienenvölker werden von Mitarbeitern betreut. „Außerdem betreiben wir ein Taubenhotel auf unserem Schotterparkplatz und verfügen über eine Kompostanlage für Gärtnerabfälle“, teilt Sprecherin Tamara Breuer mit. Ferner habe man schon vor Jahren das Außengelände in Zusammenarbeit mit dem Nabu aufgewertet, fördere die Biodiversität mit heimischen Stauden und Wildblumen.

Bis 2030 solle Ikea klimapositiv sein, also mehr CO2 kompensieren als produzieren. Schon vom nächsten Jahr an werde beim Heizen komplett auf Biogas umgestellt. „Darüber hinaus streben wir in all unseren Gebäuden eine Heiz- und Kühltechnik an, die zu 100 Prozent auf erneuerbarer Energie basiert. So werden alle Gasheizungen durch energieeffiziente Wärmepumpensysteme in Kombination mit Geothermie-Anlagen und Photovoltaik ersetzt“, erklärt Breuer. Das Thema E-Mobilität unterstütze man in Ludwigsburg, indem dort vier Autos gleichzeitig kostenfrei geladen werden könnten.

Wüstenrot Kornwestheim Mit E-Ladesäulen wartet auch der neue Campus von Wüstenrot & Württembergische (W&W) auf. Zudem seien die Decken in den Gebäuden in der Lage, thermische Energie zu speichern, womit die Räume gekühlt und geheizt werden könnten, erläutert Pressesprecher Immo Dehnert. Darüber hinaus sei ein Großteil der Dächer begrünt. Ein Wärmetauscher gewinne Wärme aus der Klimaanlage zurück, die Abwärme aus dem Rechenzentrum werde ebenfalls genutzt. Der örtliche Nabu hat aber moniert, dass die Grünflächen, zum Beispiel rund um die Parkplätze, „etwas einfallslos“ mit Rasen bestückt seien. „In Anbetracht der Tatsache, dass ja doch sehr viel Fläche für Parkplätze geopfert wurde, wäre es doch angemessen, die verbleibende Fläche mit insektenfreundlichen und klimaresistenten Stauden und Gehölzen zu bepflanzen“, regten die Naturschützer an. Beim Thema Begrünung habe man bereits das eine oder andere geplant, versichert Immo Dehnert.

Urbanharbor Ludwigsburg Für das Quartier Urbanharbor in der Ludwigsburger Weststadt wurde ein besonderes Augenmerk darauf gerichtet, die einzelnen Systeme wie Lüftungsanlage, Beleuchtung oder Heizung miteinander zu vernetzen. Die Prämisse lautet, möglichst wenig Ressourcen zu verbrauchen. Sensoren erfassen in den Gebäuden Faktoren wie die Beschaffenheit der Luft oder ob in einem Büro das Licht brennt. Über solche Indikatoren kann zum Beispiel in Echtzeit ermittelt werden, welche Räume überhaupt belegt sind. „Dort wird dann auch die Frischluft wohldosiert hingeführt“, sagt Max Maier von der gleichnamigen Inhaberfamilie. Durch diese am tatsächlichen Bedarf orientierte Steuerung könnten „30 bis 40 Prozent der Primärenergie über die Lüftungsanlage gespart werden“. E-Ladesäulen werden zudem mit Sonnenstrom von der PV-Anlage gespeist, Wärme über Wärmepumpen generiert. Und generell haben sich die Maiers für das Areal, auf dem sich Firmen wie Porsche, Bosch und Kaufland angesiedelt haben, ein klimaneutrales Wirtschaften bis 2030 auf die Fahnen geschrieben.

Pläne für eigene Windräder

Strom
Die Firma Bosch möchte in Schwieberdingen zwei Windräder in einem Korridor zwischen der B 10, der A 81 und der Landesstraße nach Korntal-Münchingen errichten lassen, um den Strom dann komplett selbst verbrauchen zu können. Im Oktober war das Vorhaben öffentlich vorgestellt worden. Ziel ist, die Anlagen 2026 in Betrieb zu nehmen.

Grundstücke
Hinter den Kulissen werden die Planungen vorangetrieben. Die artenschutzfachlichen Gutachten zu der Vogelwelt und den Fledermäusen in dem Gebiet „starten aktuell, kartiert wird nun ein kompletter Jahreszyklus“, teilt Pressesprecherin Christiane Spindler mit. Auch an der Sicherung der benötigten Grundstücke sei man dran und erziele dabei Fortschritte.