Wer klimaschädliche Treibhausgase produziert, muss in Zukunft bezahlen. In ganz Europa sollen nun verschärfte Regeln für den Emissionshandel eingeführt werden.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Die Verhandlungspartner sind erschöpft, aber sehr zufrieden. Nach einer fast 30-stündigen Marathonsitzung, die über Mitternacht hinaus dauerte, haben sich das EU-Parlament und die EU-Mitgliedstaaten am Sonntag auf eine weitgehende Verschärfung des europäischen Emissionshandels zur Begrenzung klimaschädlicher Treibhausgase geeinigt. „Das ist ein riesiger Beitrag für den Klimaschutz“, unterstrich der EU-Abgeordnete Peter Liese, der die monatelangen Verhandlungen für das Parlament führte. „Der Emissionshandel ist der Schlüssel zum Erreichen unserer Klimaziele“, betonte der CDU-Abgeordnete nach der Einigung.

 

Berlin sieht Durchbruch beim Klimaschutz

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) lobte die EU-Einigung, die verschärfte Regeln für den Emissionshandel vorsieht, als großen Erfolg. „Aus deutscher Sicht ist die Einigung ein Durchbruch für den Klimaschutz, der gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit unserer europäischen Industrie und die soziale Abfederung notwendiger Klimamaßnahmen sichert“, erklärte Habeck.

Für Unternehmen in ganz Europa heißt das, dass sie in Zukunft Verschmutzungszertifikate kaufen müssen, wenn sie CO2 ausstoßen. Dadurch soll ein Anreiz geschaffen werden, weniger klimaschädliche Abgase zu produzieren. Unternehmen, die sich bei der Energiewende nicht anstrengen, müssen kostenlose Zertifikate abgeben. „Nun ist klar, dass Verschmutzer zahlen müssen und nachhaltige Industrien Vorreiter sein werden“, erklärte der Grünen-Abgeordnete Michael Bloss, der an den Verhandlungen teilnahm. Er ist überzeugt, dass erneuerbare Energien in Zukunft eindeutig den Vorrang vor Öl und Gas haben werden. Die Unternehmen würden in ihrer Kalkulation sehen, dass es sich auszahle, in grünen Energien zu investieren, ist Bloss überzeugt. Das sichere auch nachhaltige Industriearbeitsplätze.

Kostenlose Papier fallen allmählich weg

Ein Kernpunkt des Papiers ist, dass bisher kostenlose Verschmutzungsrechte für die Industrie bis zum Jahr 2034 schrittweise abgeschafft werden. Über diesen Zeitplan hatten die Vertreter der EU-Mitgliedstaaten und des Parlaments heftig gestritten. Die Einigung sieht nun vor, dass, wenn die kostenlosen Zertifikate auslaufen, auch stärkere Schutzmechanismen für europäische Unternehmen greifen sollen. So müssen auch Produzenten aus dem Ausland für den Ausstoß von CO2 zahlen, wenn sie ihre Ware in der EU verkaufen wollen – durch einen sogenannten CO2-Grenzausgleich, der von 2034 an vollständig gelten soll.

Ebenfalls beschlossen wurde in Brüssel ein Klimasozialfonds, der ab dem Jahr 2026 greifen soll. Damit sollen die Mehrausgaben für Verbraucher durch die Energiewende abgefedert werden – etwa steigende Heizkosten. Dieser Topf soll 86,7 Milliarden Euro umfassen und durch Einnahmen aus dem Emissionshandel und teilweise durch die Mitgliedstaaten finanziert werden. Damit sollen Haushalte entlastet und Investitionen, etwa in effizientere Gebäude oder öffentliche Verkehrsmittel, gefördert werden.

Auswirkungen auch auf private Verbraucher

Der Emissionshandel wird auch Auswirkungen auf die privaten Verbraucher in Europa haben. Geplant ist, dass das System ab 2027 auch auf das Heizen von Gebäuden und den Straßenverkehr ausgeweitet werden soll. So müssen dann etwa auch Lieferanten von Gas oder Benzin Verschmutzungszertifikate kaufen, wodurch sich voraussichtlich der Benzin- und Gaspreis erhöht. Das soll für Privatleute einen Anreiz schaffen, sich zum Beispiel eine Wärmepumpe anzuschaffen oder ein Elektroauto zu kaufen. Allerdings gibt es eine „Notbremse“: Sind die Energiepreise besonders hoch, kann die Einführung des Systems um ein Jahr verschoben werden. Für deutsche Verbraucher dürfte sich in diesem Bereich allerdings wenig ändern, da ein ähnliches Emissionshandelssystem für Gebäude und Verkehr in Deutschland bereits seit 2021 gilt. Offen ist, wie das deutsche System, das teils ehrgeiziger als das EU-weite ist, darin integriert werden soll.