Gerade mal drei freie Plätze gab es auf den Intensivstationen im Kreis Ludwigsburg am Freitag. Ursache für die Knappheit sind nicht die Covid-Patienten. Aber wie lange noch?

Ludwigsburg - Es ist ein Spitzenplatz, mit dem es sich nicht gut schmücken lässt: Der Landkreis Ludwigsburg hat aktuell nur drei Intensivbetten frei. 96,77 Prozent der insgesamt 93 im Landkreis zur Verfügung stehenden Intensivbetten waren laut des Melderegisters DIVI am Freitag belegt. So viele wie in keinem anderen Kreis in der Region. In den Nachbarkreisen ist die Situation etwas entspannter: Im Enzkreis lag die Belegungsquote bei 58,33 Prozent, in Stuttgart bei 85,27 Prozent, in Heilbronn bei 88,46 Prozent und im Rems-Murr-Kreis bei 63,16 Prozent.

 

Immer mehr Covid-Patienten

Der Anteil der an Corona Erkrankten an der Gesamtzahl der Intensivpatienten ist zurzeit noch gering. „In Bietigheim haben wir einen auf der Normalstation, in Ludwigsburg sind es sechs und zwei auf Intensiv“, beschreibt Alexander Tsongas, Sprecher der Regionalen Kliniken Holding (RKH), die Situation für die Häuser des Verbunds.

Die vierte Welle hat begonnen – das steht für Alexander Tsongas außer Frage. Die Zahl der Erkrankten steige rasant – und zwar früher als gedacht. „Wir hatten erst für Mitte September mit dem Anstieg gerechnet“, räumt er ein. Die Reiserückkehrer haben, betont Tsongas, ihren Anteil an der Entwicklung – aber nicht nur sie. „Vor allem die Null bis 40-Jährigen verteilen das Virus – und das korreliert mit dem Impfgeschehen, denn in dieser Altersgruppe sind noch nicht so viele geimpft wie unter den Älteren.“

Personalengpässe an Kliniken

Wie viele Impfdurchbrüche es gibt, kann Alexander Tsongas nicht sagen. „Wer bei uns eingeliefert wird, muss uns keine Auskunft geben, ob er geimpft ist, aber die meisten sind es nicht.“

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Warum im Landkreis Ludwigsburg die freien Betten so rar sind, habe mehrere Gründe, betont Tsongas. Zumal es sich jeden Tag um Momentaufnahmen handele. Ludwigsburg sei der einwohnerstärkste Landkreis, führt er einen möglichen Grund an. Darüber hinaus könnten in den Häusern der RKH nicht mehr so viele Patienten intensiv versorgt werden wie noch in der ersten und zweiten Welle. „Damals hatten wir bis zu 150 Intensivbetten, aber wir haben Personal verloren – entweder weil gekündigt wurde, oder weil die Mitarbeiter ihren Arbeitsumfang reduziert haben.“

Arbeitsmarkt ist leer

Ein Phänomen, das auch Professor Mark Dominik Alscher, beobachtet. Die Pandemie habe die Mitarbeiter erschöpft, erklärt der medizinische Geschäftsführer der Robert-Bosch-Krankenhaus GmbH, zu der auch die Klinik Schillerhöhe oberhalb von Gerlingen gehört. Das zeige sich unter anderem am steigenden Krankenstand der Belegschaft, oder daran, dass Mitarbeiter ihre Position auf den Intensivstationen verlassen. „Und weil wir auf dem Arbeitsmarkt keine neuen Kräfte finden, können wir auch nicht alle Intensivbetten belegen.“

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Der Ausblick auf die Entwicklung im Herbst bereitet dem Mediziner große Sorgen. Zum einen wegen der Reiserückkehrer, zum anderen aber auch wegen des Ferienendes in Schulen und Kitas. „Darüber hinaus müssen wir in diesem Jahr auch wieder mit Influenzakranken rechnen, die wir vor einem Jahr nicht hatten. Wir werden einen bunten Herbst bekommen“, ist sich Alscher sicher.

Vereinzelte Impfdurchbrüche

Im Juni und Juli habe man keinen einzigen Covid-Patienten gehabt, jetzt werden 14 stationär versorgt. Zehn von ihnen auf der extra eingerichteten Covid-Station in Gerlingen – einer davon im dortigen Intensivbereich. Die restlichen vier sind in der Stuttgarter Klinik untergebracht. Die Patienten werden jünger, betont Alscher. Aber es gebe auch vereinzelt Ältere, die bereits zwei Mal geimpft sind. Meist dann, wenn der zeitliche Abstand zur zweiten Impfung mehr als sechs Monate betrage.