Stadt, Klinikum und SWSG verteidigen die Neubaupläne in Bad Cannstatt. Die Kritik der Mieterinitiative und von SÖS/Linke-plus sei unverständlich.

Stuttgart - Die Spitzen von Stadt, Klinikum und der städtischen Siedlungsgesellschaft SWSG wehren sich gegen den Vorwurf der SWSG-Mieterinitiative, von SÖS/Linke-plus sowie von Pflege- und Reinigungskräften, die Neuplanung von Personalwohnungen am Standort Bad Cannstatt gegen die Interessen der Belegschaft zu betreiben. Hauptkritikpunkte sind die Vorgehensweise bei der Entmietung und der Bereitstellung von Ersatzwohnraum, die Konzentration auf Neubau statt Sanierung sowie deutlich höhere Mieten nach der Fertigstellung.

 

Kritik an Kritikern

Der Personalratsvorsitzende Jürgen Lux versteht die Welt nicht mehr. Bei Versammlungen habe es für das Konzept mit modernen Appartements statt Einzelzimmern ohne Nasszelle rauschenden Beifall gegeben – „und jetzt soll das die absolute Katastrophe sein?“ Stuttgarts Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) vermutet, „Stadtrat Thomas Adler und seine Freunde von der Linkspartei“ wollten im Kommunalwahlkampf „ihr politisches Süppchen kochen“. Klinikum-Geschäftsführer Alexander Hewer sieht im Abriss der drei vernachlässigten Gebäude aus den 60er Jahren im Prießnitzweg und dem Neubau eine deutliche Verbesserung. Aus 302 Wohnungen würden 400, damit steigere man die Attraktivität als Arbeitgeber. Die SWSG, die das Vorhaben im Umfang von fast 50 Millionen Euro umsetzt und die Wohnungen für einen Zeitraum von 20 Jahren ans Klinikum vermietet, hatte 2015 jedoch einen Bestand von 358 Wohnungen vermeldet.

Nun ist auch eine Tiefgarage geplant

Eine unabgestimmte Kommunikation scheint die Verunsicherung vor Ort befeuert zu haben. So teilt die Stadt nun mit, dass nur zwei von drei Gebäuden dieses Jahr abgerissen würden, das dritte mit der Kita nicht sofort, sondern erst nach Fertigstellung der neuen Einrichtung 2021. Es ist jetzt auch eine Tiefgarage mit 189 Stellplätzen vorgehen, die noch kein Stadtrat aus verkehrspolitischer Sicht bewertet hat. Und die Zahl der mit Ersatzwohnraum versorgten Beschäftigten soll auch viel höher sein als die rund 35, die die Stadt erst vermeldet hat. Tatsächlich seien es schon 186.

In der Bauzeit sollen auch viel mehr Wohneinheiten zur Verfügung stehen als in der jüngsten Gemeinderatsvorlage genannt: Die geringste Anzahl über alle Gebäude in der Stadt hinweg ist nicht mehr 555, sondern 762 Ende des Jahres. Das Klinikum hält einen Bestand von 790 von 2024 an für ausreichend.

Mit Räumungsklage und Schadensersatz gedroht

Unmut bewirkt laut Ursel Beck, dass Beschäftigte mit befristeten Verträgen zum Auszug gedrängt werden, bei einer aus einem Frauenhaus gekommenen Reinigungskraft mit Androhung von Räumungsklage und Schadensersatz – aber gleichzeitig Ärzte einziehen dürfen. SWSG-Chef Samir Sidgi sagt aber: „Niemand muss Angst haben, auf der Straße zu landen.“

Ein Streitpunkt sind die steigenden Mieten. Laut Alexander Hewer beläuft sich die subventionierte Warmmiete für ein Appartement künftig auf 14,21 Euro, im Vergleich zu 11,77 Euro heute. Ein Zimmer kostet 13,98 Euro (9,50 Euro), Schülerzimmer kosten auch weiterhin 7,06 Euro pro Quadratmeter. Um dieses Niveau zu erreichen, schießt die Stadt in den nächsten 20 Jahren 30 Millionen Euro zu, zehn davon stammen aus eingesparten Sanierungsrücklagen.

Kostenmiete abhängig von den Investitionskosten

Bürgermeister Föll meint, andere Krankenhäuser würden sich die Finger nach solchen Gaben schlecken. Es sei aber nicht Aufgabe der Stadt, die Mieten für Klinikumsbeschäftigte vollumfänglich zu subventionieren“. Die von Hewer genannten Mieten basieren jedoch auf derzeitigen Berechnungen. Die Stadt wies den Gemeinderat 2016 auf „Unsicherheitsfaktoren der Investitionskostenschätzung“ hin. Es bestehe aber „Einvernehmen, dass Kostenänderungen zu Anpassungen“ der Miete führten.