Für das umstrittene Kuwait-Projekt wurden hohe Vermittlungsprovisionen geleistet und Dienstleistungen honoriert. Die Rathausspitze wundert sich. Dabei lieferte ein Konzept Hinweise.

Stuttgart - Nicht der Kooperationsvertrag mit dem kuwaitischen Gesundheitsministerium (MOH) aus dem Jahr 2014 selbst, sondern die ergänzenden Dienstleistungsverträge und Nebenabreden gelten als die am besten gehüteten Geheimnisse des Klinikums Stuttgart und seiner Internationalen Abteilung (IU) – und als Quell allen Übels im bundesweit beachteten Skandal. In diesen teils erst nachträglich erstellten Vereinbarungen im Zuge der gewinnträchtigen Entsendung von Klinikum-Orthopäden an das Al Rhazi Hospital in Kuwait sollen Filz und Korruption in Millionenhöhe schlummern. Das sei der Grund gewesen, sie der Stadtverwaltung vorenthalten zu haben, wird Ex-IU-Abteilungsleiter Andreas Braun vorgeworfen.

 

Zuletzt hat aber der von 2011 bis 2016 amtierende Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) zumindest eingeräumt, im Februar 2014 über den Abschluss des Beratervertrags mit dem MOH informiert gewesen zu sein. Das betrachtet er als unschädlich. Weil die Beratungsleistung mit eigenem Personal erbracht werden sollte (was aber von Anfang an unrealistisch war), habe das Klinikum „keine zusätzlichen Verpflichtungen gegenüber Dritten eingehen müssen“. Und mit dieser Begründung rechtfertigte OB Fritz Kuhn (Grüne) auch, dass der Gemeinderat nicht über den 42-Millionen-Euro-Vertrag informiert wurde.

Ohne Dienstleister kein Kuwait-Projekt

Tatsächlich war aber unstrittig, dass es einer Vielzahl „Dritter“ bedarf, um das Projekt in Kuwait umzusetzen. Die Verträge von Dienstleistern sollen überhöht und/oder erst nachträglich vereinbart worden sein. Aber notwendig erschienen sie, und es soll auch niemand im Verborgenen agiert haben. Royal Europe chauffierte für unverschämte 160 000 Euro pro Monat die Ärzte. Die im Rathaus seit 2011 bekannte Firma HCMI sorgte für 33 000 Euro monatlich für die Verbindung zwischen den Kliniken in Stuttgart und Kuwait. Nabel Abu Rikab und sein Team dolmetschten erst für 15 000 Euro, später für das Doppelte in der Klinik und waren für die Logistik vor Ort zuständig. Das regelte ein um ein halbes Jahr zurück datierter Dienstleistungsvertrag, den Ex-Klinikum-Chef Ralf-Michael Schmitz unterzeichnete. Sogar die von der Stadt beauftragten Ermittler von der Kanzlei BRP Renaud & Partner griffen in Kuwait auf den Betreuer Rikab zurück.

Werner Wölfle und sein Vorgänger Klaus-Peter Murawski (und wohl auch der damalige Oberbürgermeister Wolfgang Schuster) waren laut OB Fritz Kuhn (Grüne) schon 2010/2011 „über die Projektidee und ein erstes Angebot informiert“ worden. Wölfle war nachweislich über „Umfang und Tragweite“ unterrichtet. Ex-Abteilungsleiter Braun sagt, er habe die unserer Zeitung im Entwurf vorliegende Budgetplanung „Development of Al Rhazi Hospital to the leading orthopedic hospital in the Gulf Region“ an die Stadt geschickt. Darin finden sich Kosten, die Dritten zuzurechnen sind. Mit diesem Konzeptpapier sollte wohl das kuwaitische Gesundheitsministerium hinters Licht geführt werden, denn die Ärztekosten waren deutlich überhöht, um die Provisionszahlungen zu verstecken, die Krankenhausbürgermeister Michael Föll (CDU) als „Schmiergeld oder Bakschisch“ bezeichnete. Derlei Leistungen seien im Umgang mit arabischen Partnern aber üblich, sagen Insider. Es würde sie verwundern, wenn das im Stuttgarter Rathaus unbekannt gewesen wäre.

Provision für Vermittlung eines lukrativen Projekts unüblich?

Ein Zahlungsempfänger soll Salah Atamna von der Müncher Firma Europe Health GmbH gewesen sein. Er vermittelte Schuster und Murawski 2011 die Interessenten aus Kuwait. Es ist anzunehmen, dass er eine 15-prozentige Provision für dieses Geschäft als angemessen erachtete. Allerdings kassierte er, obwohl sein Projekt damals gescheitert war. Deshalb musste das Klinikum doppelt bezahlen.

Die kuwaitische Firma Aryak wähnt sich gleichfalls als erfolgreiche Vermittlerin und Dienstleisterin vor Ort. Mehr als zwölf Millionen Euro hält sie für angemessen und klagt auf Vertragserfüllung vor einem kuwaitischen Gericht. Der Chef ließe aber mit sich reden, heißt es nun, sofern sich ein städtischer Vertreter an den Golf bemühe.