Der Mannheimer Bioethiker Jochen Taupitz rät beim Thema Klonen menschlicher Zellen zur Gelassenheit. Laut Gesetz hätten menschliche Embryonen ohnehin einen geringeren Schutz als Säuglinge.

Mannheim - Der Bioethiker Jochen Taupitz rät beim Thema Klonen zur Gelassenheit. Eine Verletzung der Menschenwürde sieht er nicht.

 


Herr Taupitz, hat es Sie überrascht, dass nun doch nach einigen Jahren das Klonen menschlicher Embryonen möglich wird?

Nein. Als Jurist bin ich in naturwissenschaftlichen Dingen nie überrascht, weil ich weiß, dass sich Forschung in Sprüngen vollzieht. In Tierversuchen hat das Klonen schon funktioniert und ich konnte mir nicht vorstellen, dass es beim Menschen grundsätzlich unmöglich sein sollte.

Ist das deutsche Recht darauf vorbereitet?
Das deutsche Embryonenschutzgesetz verbietet das Klonen. Wenn die Embryonen in den US-amerikanischen Experimenten zwischendurch im Zustand der Totipotenz waren, also in einem Zustand, in dem sie sich zu einem gesamten Menschen entwickeln können, wären die Experimente in Deutschland verboten. Das Stammzellgesetz verbietet außerdem die Einfuhr der Stammzellen, die aus diesen Embryonen gewonnen werden. Und auch zu therapeutischen Zwecken wäre der Import der Stammzellen verboten, denn er ist überhaupt nur zu Forschungszwecken erlaubt.

Nun wird darüber diskutiert, dass man die Embryonen im Prinzip auch weiterwachsen und in eine Gebärmutter einpflanzen könnte.
Dieses reproduktive Klonen ist ein unzulässiger Menschenversuch, den ich ablehne.

Davon unterscheidet sich das Klonen zu therapeutischen Zwecken. Um dafür Stammzellen zu gewinnen, werden Embryonen zerstört. Welche Rechte genießt ein geklonter menschlicher Embryo?
Er genießt einen viel geringeren Schutz als ein Säugling. Das deutsche Recht kennt einen abgestuften Schutz, insbesondere im Recht des Schwangerschaftsabbruchs. Und das Embryonenschutzgesetz erlaubt bei künstlichen Befruchtungen, dass die Embryonen getestet werden, bevor sie in die Gebärmutter eingesetzt werden – also die Präimplantationsdiagnostik. Es wäre daher aus meiner Sicht keine Verletzung ihrer Menschenwürde, wenn man menschliche Embryonen zu therapeutischen Zwecken nutzen würde. Diese Entitäten sind anders zu behandeln als geborene Menschen.

Ist diese Haltung für den Ethikrat repräsentativ?
Nein. Die Mehrheit im Ethikrat spricht sich für einen höheren Schutz von Embryonen aus, vor allem die Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche. Bei der Stellungnahme zur Präimplantationsdiagnostik waren wir gespalten. Wenn man diese Grundhaltung auf die Frage des therapeutischen Klonens überträgt, darf man keine einheitliche Stellungnahme des Ethikrats erwarten.

Gibt das neue Experiment nun Anlass für eine neue Auseinandersetzung mit dem Thema?
Ich sehe keinen Anlass für eine Gesetzesänderung. Wir sollten gelassen beobachten, was bei dieser Forschung herauskommt. Zum Schwur kommt es erst, wenn auf der Basis dieser Experimente konkrete medizinische Therapien entwickelt werden.