Kurz vor Ende der Koalitionsverhandlungen der drei Ampelparteien SPD, Grüne und FDP, sickern zunehmend Insiderinformationen an die Öffentlichkeit: So etwa die Verteilung der Ministerposten auf die Parteien.

Berlin - Knapp zwei Monate nach der Bundestagswahl steht der Vertrag zur Bildung der ersten Ampel-Koalition auf Bundesebene. Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP wollen ihre Beschlüsse am Nachmittag in Berlin vorstellen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters aus Verhandlungskreisen erfuhr, sollen zunächst nur die Ministerien an die Parteien verteilt werden. Wer ein Ministerium führen solle, werde zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben. Die Grünen werden die Personalien demnach möglicherweise am Donnerstag veröffentlichen.

 

Bei SPD und FDP hieß es, die Besetzung der Ministerien werde erst Anfang Dezember zu den jeweils geplanten Parteitagen feststehen. Als mehr oder weniger gesetzt galten zuletzt FDP-Chef Christian Lindner als neuer Finanzminister sowie die Grünen-Co-Vorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock für die Ressorts Klima/Wirtschaft und Außen. Für die SPD ist Olaf Scholz als neuer Bundeskanzler gesetzt.

Details sollen bei einer Pressekonferenz um 15.00 Uhr (MEZ) veröffentlicht werden, teilten die drei Parteien am Mittwoch mit. Zuvor soll demnach am Mittag die 21-köpfige Hauptverhandlungsgruppe der Koalitionäre zusammenkommen. SPD und FDP haben Kreisen zufolge zudem ihre Parteigremien für den Mittag geladen. Offene Punkte gab es bis zuletzt in der Finanz- und Klimapolitik sowie bei der Zuteilung der Ministerien. Auch die Besetzung der Ministerposten blieb noch offen.

Sieben Ministerposten für die SPD

Wie Reuters von Insidern erfuhr, können die Sozialdemokraten sieben Ministerposten besetzen - neben dem Kanzleramtschef die Ministerien für Inneres, Verteidigung, Gesundheit, Arbeit und Soziales, Wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie das neu geschaffene Ressort Bauen und Wohnen. Die Grünen bekämen demnach noch die Ressorts Umwelt, Landwirtschaft und Familie. Auf die FDP entfielen den Angaben zufolge Verkehr, Justiz und Bildung. Ein eigenes Digitalministerium sei nicht geplant.

Der Koalitionsvertrag muss nun noch von den Gremien der drei Parteien abgesegnet werden. SPD und FDP planen dazu Parteitage am ersten Dezember-Wochenende, die Grünen eine Mitgliederbefragung. Geplant ist, dass Scholz in der Woche ab dem 6. Dezember im Bundestag zum Kanzler gewählt wird und die neue Regierung ihre Arbeit aufnimmt.

Finanzen und Klima bis zuletzt offen

Am strittigsten waren in den Verhandlungen die Themenfelder Klima und Finanzen. Am Dienstag hatte Reuters aus Kreisen erfahren, dass sich die Ampel-Parteien auf einen Kohleausstieg bis 2030 verständigt haben. Das Datum werde im Koalitionsvertrag stehen. Voraussetzung sei, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet sei und soziale Härten für Beschäftigte abgefedert werden müssten. Das Datum 2030 war eine Forderung der Grünen und für sie besonders wichtig. Bisher ist die Abschaltung des letzten Kohlemeilers bis spätestens 2038 geplant.

Ferner hieß es, auf Erdgas für die Stromerzeugung solle spätestens ab 2040 verzichtet werden. In Neubauten soll dieser Brennstoff schon in den nächsten Jahren nicht mehr eingesetzt werden. Erdgas-Heizungen müssten zudem bis Mitte der 2030er Jahren ausgetauscht werden. Den Angaben zufolge können die Grünen zur Durchsetzung auf ein starkes Klima-Ministerium bauen. Der Klimateil des Umweltressorts werde dafür mit Kernelementen des Wirtschaftsministeriums verbunden. Dies sind in erster Linie die Energie- und die Industrie-Abteilung.

Streit um die Schuldenbremse

Weniger Erfolg hatten demnach die Grünen im Verkehrssektor mit der Forderung nach einem Aus für Verbrenner schon bis 2030. Hier bleibe es im Wesentlichen bei den Formulierungen aus dem Sondierungspapier. Darin wird auf die Pläne der EU-Kommission verwiesen, dass ab 2035 keine Verbrenner mehr zugelassen werden sollen. Zudem hatten die drei Parteien bereits im Sondierungspapier festgelegt, dass es auf Autobahnen kein generelles Tempolimit geben werde.

In der Finanzpolitik hatte die FDP darauf gedrungen, dass es keine Steuererhöhungen gebe und die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse eingehalten werde. Beide Punkte wurden im Sondierungspapier bereits festgelegt. Offen blieb bis zuletzt aber, wie die Kosten für die Bewältigung der Corona-Pandemie und den Umbau hin zu einem klimafreundlichen Industrieland konkret bewältigt werden sollen. Die Haushaltsplanung sieht bislang eine Neuverschuldung von rund 100 Milliarden Euro für das nächste Jahr vor. Die FDP hatte bis zuletzt darauf bestanden, dass dieser Rahmen eingehalten wird.