Die Behauptung des Angeklagten, wonach sich im Fall der beiden Kofferleichen vom Schlossgarten eines der Opfer selbst umgebracht haben soll, gerät zusehends ins Wanken. Eine Rechtsmedizinerin zählte mehr Verletzungen auf, als der 48-Jährige einräumt.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Die Behauptung des Angeklagten, wonach sich im Fall der beiden Kofferleichen vom Schlossgarten eines der Opfer selbst umgebracht habe, gerät zusehens ins Wanken. Im Doppelmord-Prozess am Landgericht beschrieb eine Rechtsmedizinerin, die bei dem Mann und der Frau die Leichenbesichtigungen vorgenommen hatte, am Mittwoch die Verletzungen, die ihnen zugefügt worden waren.

 

Abwehrspuren an den Händen der Getöteten?

Demnach wies der Mann schwerste Kopfverletzungen auf. Sein Schädel und das Gesicht waren völlig deformiert. Der übrige Körper war von Schnitten und Stichen übersät. Die Frau hatte fünf entsprechende Verletzungen am Kiefer, in der Brust, am Mund, an einer Brust und im Rücken. Weitere Schnitte an den Händen der Toten könnten auf Abwehrverletzungen hindeuten, so die Rechtsmedizinerin. Somit wies die Frau mehr Verletzungen auf, als der Angeklagte bisher eingeräumt hatte. Denn dieser hatte ausgesagt, dass er der Frau nach deren Tod lediglich einmal aus Frust in den Rücken gestochen habe.

Günter H. (48) hatte bereits nach seiner Festnahme erklärt, dass sich die Frau bei einem Saufgelage nach einem Gewaltexzess selbst umgebracht habe. Laut dem arbeitslosen Maurer habe er mit dem Obdachlosen Peter G. (50) und Sylvia C. (47) in der Nacht zum 30. Mai 2014 in seiner Wohnung in Gablenberg reichlich Alkohol getrunken. Dabei habe die Frau, die ebenfalls in der Obdachlosenszene am Ostendplatz verkehrte, Peter G. aus Hass stranguliert, dessen Kopf mit einem Feuerlöscher eingeschlagen und den Körper des Leichnams mit einem Messer und einem Hackbeil malträtiert.

Keine Würgemale festgestellt

Danach sei er mit der Frau essen gewesen, so der Angeklagte. Später sei man zurück in die Wohnung. Dort habe sich Sylvia C. stranguliert, als er geschlafen habe. Die Rechtsmedizinerin sagte aber aus, dass sie an den Opfern keine Würgemale festgestellt habe.

Die Toten waren am 1. Juni hinter einer Betonwand im Unteren Schlossgarten entdeckt worden. Der Angeklagte sagte im Prozess bereits aus, dass er den Mann und die Frau in Reisekoffer gepackt und mit seinem Rad samt Anhänger dorthin gebracht hatte, um Spuren zu verwischen. Der Staatsanwalt wirft Günter H. hingegen vor, zunächst aus Eifersucht Peter G. umgebracht zu haben, der mit Sylvia C. liiert gewesen sei. Als die Frau seine Avancen aber zurückwies, habe der Angeklagte auch die 47-Jährige getötet.

Günter H. spricht hingegen von einem Komplott. Die Ermittler hätten die Leichname manipuliert und die Stich- und Schnittverletzungen später hinzugefügt, um ihm eins auszuwischen: Denn man wolle ihm die Morde unterjubeln.

Motiv für ein „Komplott“ bleibt rätselhaft

Dieser Vorwurf wirft indes die Frage nach dem Grund auf. Denn als die Leichname untersucht worden sind, hatte die Polizei noch gar keine Hinweise darauf, dass Günter H. in den Fall verwickelt war. Er geriet erst Tage später ins Visier der Polizei.

Der Prozess wird am Montag mit einer weiteren Rechtsmedizinerin fortgesetzt, die die Leichname obduziert hat.