Bisher glaubte unsere Kolumnistin, dass man mangelhafte Produkte reklamieren kann. Jetzt musste sie feststellen: Es glaubt einem ja doch niemand.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Heute möchte ich an dieser Stelle mit etwas grundsätzlich aufräumen. Man kann von mir halten, was man will. Man kann dieses oder jenes denken, meine Texte so oder so finden. Aber was auch immer man vorbringen mag: Es stimmt nicht! Es ist falsch! Die Dinge verhalten sich komplett anders! Schluss, aus, Ende der Diskussion!

 

Ich will jetzt nämlich auch mal Grenzen setzen. Andere Menschen auflaufen lassen. Nach dem Motto: Bei mir beißt man auf Granit. Dieser Tage wollte ich zum Beispiel im Bioladen Weintrauben kaufen. Allerdings stanken die kontrolliert ökologischen, naturbelassenen, unbehandelten, gift- und schadstofffreien Trauben gen Himmel, und zwar nach Chemie. Der Verkäufer steckte seine Nase in die Trauben und erklärte mir: Da riecht nichts! Da riecht schon gar nichts nach Pestiziden. Er wisse überhaupt nicht, wie Pestizide riechen. Schließlich sei das ein Bioladen.

Da steht man dann da mit seinem feinen und ausdifferenzierten Näschen. So wie eine Freundin, in deren Büro es seit Wochen modrig und faulig aus dem Waschbecken müffelt. Die Besucher bleiben nur noch im Türrahmen stehen, die Kollegen kommen erst gar nicht mehr vorbei. Nur der Hausmeister, der riecht nichts. Sie solle mal die Heizung hochdrehen, sagt er. Oder die alten Ordner rausstellen. „Die riechen gern mal etwas streng.“

Im Hotelzimmer geschmort

Ich war auch mal in der Türkei im Urlaub. Schickes Hotel, vier Sterne, Terrasse, Klimaanlage. Die funktionierte allerdings nicht richtig – und ich schmorte wie Baklava in meinem Designer-Backofen. Haustechniker kamen, Rezeptionistinnen sprachen mir ihr Mitgefühl aus, während der Schweiß an mir klebte wie Pistazienhonig. Als ich aber nach dem Urlaub dem Reiseveranstalter schrieb, man möge mir die Differenz zwischen Vier-Sterne-Bett und Vier-Sterne-Luftmatratze auf der Terrasse mit Rückenschmerzen inklusive erstatten, lehnte man ab. Ich hätte an der Rezeption reklamieren müssen. „Aber für Ihre nächste Reise schon jetzt alles Gute.“

Bevor ich bei vorne T und hinten ui und pfui noch mal eine Reise buche, bleibe ich lieber zu Hause und esse Ravioli. Kürzlich habe ich eine Dose mit Gemüseravioli aufgemacht, in der sich zwar Tomatensoße, aber weit und breit keine Ravioli befanden. Zur Entschädigung bekam ich nicht nur einen Gutschein über fünf Euro geschickt, sondern, man glaubt es kaum, schlicht und einfach: eine freundliche Entschuldigung.