Als Reaktion auf die strengen Bedingungen für die Griechenland-Einigung rufen Twitterer zum Boykott deutscher Produkte auf. Unter dem Hashtag #BoycottGermany schrecken Nutzer auch vor Parallelen zur NS-Vergangenheit nicht zurück.

Brüssel - Putsch war gestern. Wer sich aktuell über die Einigung der Eurostaaten aufregt und den Hashtag #ThisIsACoup (auf deutsch: „das ist ein Staatsstreich“) verwendet, löst bei Twitter nur noch ein müdes Gähnen aus. Das Gezwitscher im Kurznachrichtendienst hat längst aggressivere Töne angenommen: Auf der Anklagebank sitzt die deutsche Bundesregierung und mit ihr alles, was mit Deutschland in Verbindung gebracht wird.

 

Unter dem Hashtag #BoycottGermany rufen Gegner der Einigung der Griechenland-Krise vom Wochenende dazu auf, keine deutschen Produkte zu kaufen.

Boykottaufrufe als Folge der Außenpolitik gegen deutsche Produkte gab es während der Griechenland-Krise schon im März 2010. Damals forderte eine griechische Verbraucherschutzorganisation die Bürger auf, deutsche Produkte im Regal liegen zu lassen. Doch der Aufruf blieb ohne spürbare Folgen für die deutsche Industrie, da der griechische Markt nur den geringen Anteil von 0,8 Prozent an den gesamten deutschen Ausfuhren einnahm.

Unter #BoycottGermany wird jetzt auch aus Italien und anderen Ländern eifrig getwittert. Wie ernst die Forderungen gemeint sind, lässt sich noch nicht abschätzen:

Den Tag mit griechischem Tee starten statt mit deutschen Kaffee, keine Adidas-Sportschuhe kaufen – diese Forderungen sind noch harmlos im Vergleich zu den Anspielungen auf die deutsche NS-Vergangenheit.

Die Warnung vor der Attacke der „deutschen Monster“ in der EU-Zone wird noch getoppt durch den Vergleich von #BoycottGermany mit dem Judenboykott der Nationalsozialisten und die Reaktion darauf:

Die Twitter-Nutzerin @Vicky68 zieht Parallelen zu den Weltkriegen des vergangenen Jahrhunderts: Den ersten Weltkrieg hätten die Deutschen mit Waffen geführt, den zweiten mit Panzern und den dritten mit Banken:

„Die Rettungspolitik hat unseren Ruf in der ganzen Welt sowas von aufpoliert!“ stellt der Chefredakteur der Bild-Zeitung, Kai Diekmann ironisch auf Twitter fest.

Während die Deutschen unter #BoycottGermany mit Nazi-Anspielungen konfrontiert werden, findet sich Lob und Anerkennung für die Rolle Griechenlands im Zweiten Weltkrieg unter dem selben Hashtag:
 


Nein, neue Freunde hat Deutschland mit seiner Krisenbewältigungs-Strategie mit Griechenland nicht gewonnen - daran lassen Twitterer keinen Zweifel:
 

Doch Twitter wäre nicht Twitter, wenn unter dem Hashtag #BoycottGermany nur Proteste zu finden wären. Widerspruch gehört zum Gezwitscher-Spiel und die Deutschen lieben es sich, aufzuregen, vermutet ein Nutzer:


„Thank you Germany, for paying“, erwidern Twitterer unter dem Hashtag #ThankYouGermany auf die Boykottaufrufe.


Vielleicht haben ja alle den Sänger der Rockband AC/DC gemeint. Boykott oder Bon Scott – das ist die Frage, die Twitterer @borushia aufstellt und sich damit über die Beiträge mit #BoycottGermany lustig macht:


Nicht ganz so ernst nimmt auch Nutzer @gamgeaDavid die Twitter-Aufregung und teilt ein YouTube-Video vom Neo Magazine Royale und Circus Halligalli mit Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf mit dem Kommentar: „Wer sich irgendwie meint mit #BoycottGermany auseinandersetzen zu müssen, sollte vorher das hier gucken“, twittert er.