Alles, was Sie schon immer über Beine und Musik wissen wollten. Ansonsten: Unser Kolumnist über Kinder und die Kunst, ungefragt die richtige Antwort zu finden.

Wenn ich etwas wissen will, dann frage ich beim Dreijährigen nach. Er besitzt die Gabe, mir Dinge so zu erklären, dass auch ich sie verstehe. Seither verstehe ich sehr vieles sehr viel besser.

 

„Beine sind Füßehalter“, sagte er kürzlich. Einleuchtender hat mir das noch nie jemand veranschaulicht. Eines ergibt keinen Sinn ohne das andere, denke ich mir. Und Kreise schließen sich, das liegt an der Natur der Dinge.

Würden sie es nicht tun, wären Kreise keine Kreise. Eigentlich ganz einfach. Da bin ich allerdings von ganz alleine draufgekommen, als ich kürzlich Lust auf eine runde Angelegenheit hatte: eine Schallplatte.

„Chhrrkrch“

Die Romantik ist einfach: aus der Hülle nehmen, auf den Plattenteller legen, Tonarm positionieren, „Start“-Knopf drücken, der Tonarm senkt sich, die Nadel taucht in die Rillen ab und dann kommt (bei mir) saugute Musik.

Naja, oder in meinem besonderen Fall eben: „Chhrrrrrkrck“. So klingt das nämlich, wenn zuvor die Nadel vom Tonarm abgerissen wurde und der dann vogelwild über die Schallplatte kratzt. Ansonsten: Stille.

Ich frage: „Wer hat denn da am Plattenspieler rumgefummelt und ihn kaputt gemacht?“. Der Junge strahlt, nickt und sagt voller Stolz: „Ich!“. Der Kreis hat sich geschlossen, weil meine Mutter vor rund 40 Jahren mal die gleiche Frage stellte. Damals tat ich allerdings so, als ob mir keine Antwort darauf einfiele.

Antworten ohne Fragen

Auch heute fallen mir oft keine Antworten ein, gerade wenn ich mich vollkommen ehrlich mache. Es ist wichtig, dies als ein positives Zeichen zu deuten. Die Welt scheint voller Leute, die auf alles eine Antwort wissen, einem Großteil davon muss man nicht mal eine Frage stellen.

„Der Putin hat schon wieder Häuser kaputt gemacht“, sagt der Kleine. Obwohl er nichts gefragt hatte, lag die Antwort trotzdem auf der Hand: Keine Nachrichten mehr im Fernsehen gucken, wenn das Kind in der Nähe ist.

Manchmal bringt mir der Dreijährige auch völlig neue Wörter bei. „Schrottpopel“ zum Beispiel, war mir bislang nicht geläufig. Ich werde es von nun an aber mit Bedacht verwenden. Bei den Nachrichten zum Beispiel.

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Michael Setzer ist seit fast vier Jahren Vater. Früher haben Eltern ihre Kinder vor Leuten wie ihm gewarnt. Niemand hat ihn vor Kindern gewarnt.