Mit Partys geht sich unser Autor ganz gut aus, mit Rock’n’Roll auch. Auf die wildeste Rock’n’Roll-Party des Jahres war er dennoch nicht vobereitet.

Die Aufzucht eines Kindes lässt auch die Eltern reifen – also, theoretisch. Man lernt da unweigerlich und läuft zunehmend schlauer durch die Welt. Ich kann jetzt beispielsweise einen Bagger von einem Radlader unterscheiden oder weiß, dass Brokkoli heute zwar „Bäh!“ aber morgen vielleicht schon „das besteste“ von der Welt ist.

 

Ich weiß auch, dass politische Würdenträger, die von „unseren Kindern“ reden, immer nur ein bisschen an der Drama-Schraube drehen wollen, ihnen Kinder ansonsten aber völlig wumpe sind. Also, zumindest hört man nichts mehr von denen, wenn Eltern über ärztliche Versorgung, Kita-Plätze, Verkehrsberuhigung, Spielplätze oder Bildungschancen reden möchten. Aber irgendwas ist halt immer. Und das Leben ist eben kein Kindergeburtstag.

Geburtstag ist nur ein Mal im Jahr

Apropos. Eine ebenfalls neu erworbene Erkenntnis: Wer „Das Leben ist kein Kindergeburtstag!“ sagt, hat offensichtlich noch nie im Leben einen ausgerichtet. „Ja!“, rufe ich solchen Menschen zu. „Zum Glück ist das Leben kein Kindergeburtstag!“. Das wäre kaum auszuhalten. Als sie Kindergeburtstage erfunden haben, war es sehr schlau gesetzlich festzulegen, dass das pro Kind nur ein Mal im Jahr passiert. Denn ungefähr so lange brauchen Eltern, um sich davon zu erholen.

Als ich vorschlage, erst nach dem Kindergeburtstag die Wohnung aufzuräumen, zuckt plötzlich ein Blitz vom Himmel, der sich in einem gigantischen Donnerschlag entlädt und mein „Aua, ja. Ich staubsauge ja gleich!“ übertönt. Der Spaß ging ungebremst weiter, als meine Frau eines der Geschenke vom Schrank holen wollte und es ihr dabei voll aufs Auge krachte. Blaues Auge, kurz bevor die ersten Kinder mit ihren Eltern bei uns vorbeischauen.

Wir müssen Stühle ausleihen

Ja, Eltern kommen heutzutage ebenfalls mit zu Kindergeburtstagen. Ich finde das gut: erstens kenne ich die und die sind super und zweitens sind dann mehr Leute vor Ort, die die „Warum?“-Fragen der Kinder beantworten können – also, falls sie alle Platz in der Wohnung finden. Wir müssen Stühle ausleihen, putzen, Kuchen backen, Getränkeangebot durchdenken, Deko aufhängen und einen Vierjährigen runterkühlen, der bereits seit Tagen fragt, wann’s endlich los geht.

„Zum Glück haben wir aufgeräumt!“, denke ich, nachdem der Kinder-Tsunami unsere Wohnung rund vier Minuten nach Partybeginn komplett auf links gedreht hat. Der Rest des Nachmittags ist eine anhaltende Explosion aus platzenden Luftballons, Geschrei, Konfetti, Essen, Getränken und ungezügeltem Spaß. Als der Wirbelsturm und die Party Stunden später vorbei ist, fragt ein Vater, wo er die benutzte Serviette hinlegen soll. Wir lachen und er lässt sie auf den Boden fallen.

Kind vergessen?

Ganz zum Schluss gehen wir die Wohnung ab, nicht dass jemand aus Versehen unter all dem Müll, Spielzeug und ehemaligen Einrichtungsgegenständen sein Kind vergessen hat. Ich stoße gegen ein unachtsam im Gang abgelegtes Kinderfahrrad. „Warum liegt denn da ein Fahrrad?“, frage ich. Der Sohn: „DAS IST EIN LAUFRAD!“. Ja, wieder was gelernt. Und außerdem weiß ich jetzt auch, dass ich trotz Jahrzehnte langer Rock’n’Roll-Erfahrung noch nie auf einer besseren und wilderen Party war.

„Die müssen nächstes Jahr alle wieder kommen!“, sagt mein Sohn und strahlt noch heller als sonst. Korrigiere: Ich möchte, dass das Leben ein Kindergeburtstag ist.

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Michael Setzer ist seit vier Jahren Vater. Früher haben Eltern ihre Kinder vor Leuten wie ihm gewarnt. Niemand hat ihn vor Kindern gewarnt.