Endlich können viele Enkelkinder wieder ihre Großeltern sehen. Während den Pfingstferien merken unser Autor und seine Familie, wie sehr die Besuche bei Oma und Opa in den vergangenen Monaten gefehlt haben.

Stuttgart - Ich muss gestehen: Als selbst ernanntes Oberhaupt einer sechsköpfigen Familie ist mir die eine oder andere Corona-Einschränkung keineswegs ungelegen gekommen. Mit klammheimlicher Freude konnte ich beispielsweise die Kinder immer wieder darüber informieren, dass sämtliche Indoor-Spielplätze geschlossen sind. Und jäh verstummten die Rufe nach dem nächsten McDonald’s-Besuch, seit wir wegen des geschlossenen Gastraums einmal durch die Drive-Inn-Passage fuhren – und die dort erstandenen Chicken Nuggets in kaum zu unterbietender Würdelosigkeit auf dem angrenzenden Lidl-Parkplatz zu uns nahmen. Dann doch lieber Pommes aus dem Backofen.

 

Doch gab es auch eine Einschränkung, die wir in seltener Einigkeit gemeinsam bedauerten: den Wegfall der Besuche bei den Großeltern. Wie sehr sie gefehlt haben, stellen wir in diesen Tagen fest, da die Verbote ein wenig gelockert wurden und wir die zweite Pfingstferienwoche bei der Oma mütterlicherseits am Bodensee verbringen.

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Seit Generationen gilt: Nirgendwo geht es Kindern besser als bei Oma. Und wo es den Kindern gut geht, haben auch die Eltern ihre Ruhe. In unserem Fall bedeutet das: Bei Oma Reichenau kommen die Pommes nicht aus dem Backofen, sondern der Fritteuse. Und außer Kraft gesetzt sind sowohl die nächtlichen Ausgangssperren aus den Kinderbetten, als auch alle Zugangsbeschränkungen zum Süßwarenlager. Selbstbedienung herrscht in Omas Gefriertruhe im Keller, die nicht nur mit Pommes, sondern auch mit Unmengen von Speiseeis gefüllt ist. „Das muss auch mal erlaubt sein“, sagt Oma, „es sind schließlich Ferien.“

Bei „Mensch ärgere dich nicht“ herrschen ganz eigene Regeln

Die gesamte Wohnung wird zum Indoor-Spielplatz, auf dem Oma das Regelwerk äußerst flexibel interpretiert. Erlaubt ist das Ballspielen auch im Wohnzimmer, streng verboten dagegen, die „Mensch ärgere dich nicht“-Figuren des Jüngsten vor Erreichen seines Hauses aus dem Weg zu räumen. „Oh“, schwindelt Oma regelmäßig, „das habe ganz übersehen, dass ich hätte schlagen können.“ Dass zum Spielen auch das Verlieren gehört und zu viel Zucker ungesund ist – die Vermittlung solcher Lerninhalte überlässt sie großmütig den Eltern.

Richtig so. Keinen Deut anders werde ich verfahren, sollte ich eines Tages Opa werden. Denn das Schöne ist: Es kann so turbulent sein, wie es will – eines steht fest: Irgendwann reisen die Enkelkinder wieder ab, und dann hat man wieder seine Ruhe und das Süßwarenlager für sich allein.

Marko Schumacher (49) ist Sportredakteur, Vater von vier Kindern und teilt nur ungern seine Süßigkeiten.