Jeder hat andere Bedürfnisse. Das Kind vermisst die Freunde, Jugendliche das Feiern – und unsere Autorin Anja Wasserbäch träumt von einem Pub-Besuch.

Freizeit & Unterhaltung: Anja Wasserbäch (nja)

Stuttgart - Was war das für ein Abend. Ich habe vor kurzem geträumt, ich sei in einem Pub. Britisch, klassisch, wahrscheinlich hieß er „The Shakespeare“. Es gab roten Teppichboden, auf der Toilette roch es streng und das Waschbecken zierte zwei Wasserhähne. Aus einem kam sehr heißes, aus dem anderen sehr kaltes Wasser. Es war eng, lauwarmes Pint wurde umgekippt. Einer sagt „Sorry luv“ und aus den Boxen sang Brett Anderson „Beautiful Ones“.

 

Bin schweißgebadet aufgewacht. Willkommen zurück in der Realität. Schon vor Corona war ich lange nicht mehr in einem Pub. Und wahrscheinlich hatte ich nur diese Sehnsucht, weil in der Serie „Normal People“ eben auch britische Kneipen vorkommen.

Man kann derzeit viel vermissen

Ein junges Mädchen hat jüngst in einem Fernsehinterview geäußert, wie sehr sie das Feiern vermisst. Darauf folgte diese Woche viel Häme in den sozialen Netzwerken, weil dies doch ein „First World Problem“ sei. Und ja: Es geht vielen hier sehr gut. Andererseits: keiner bestreitet, dass viele große Probleme haben, die an Existenzen und Gesundheit gehen. Dennoch kann man einfach viel vermissen. Muss es ja nicht tun und damit geltende Regeln verletzen.

Ausgiebige Restaurantabende, das Reisen, das Musizieren, der Konzertbesuch, vielleicht sogar das Großraumbüro. Alles sicherlich nicht überlebenswichtig, aber für manche machen genau diese Dinge das Leben lebenswert. Empathie ist wichtig dieser Tage. Auch so etwas, was man lernt, wenn man mit anderen Menschen Kontakt hat. So richtig. Und so wichtig für Kinder und Heranwachsende.

Und was ist mit Halloween?

Mitten im April hat meine Tochter einen Nach-Corona-Wunschzettel geschrieben: Wilhelma, Schwimmbad, Freunde sehen stand darauf. Alles konnte sie diesen sonderbaren Sommer erleben. Und sie freute sich so, dass der Kindergeburtstag, der im Mai natürlich nicht stattfinden konnte, dann vielleicht zur Halloween-Party mutieren würde. Dabei überlegt man jetzt gerade, ob dieses Jahr überhaupt jemand die Tür öffnet, wenn man Süßes oder Saures fragt?

Anja Wasserbäch freut sich auf die Ferien, in denen sie mal wieder keine Kastanienmännchen bastelt. Die Redakteurin im Ressort Leben betreut die Seite Kind & Kegel im Wochenendmagazin.