Nach 17 Monaten Elternzeit ist unsere Kolumnistin zurück in der Redaktion. Was ihr beim Wiedereinstieg am meisten geholfen hat: Dass der Mann jetzt zuhause ist.

Familie/Bildung/Soziales: Lisa Welzhofer (wel)

Stuttgart - Kurz nach meiner Rückkehr aus der Elternzeit traf ich auf dem Büroflur einen meiner obersten Chefs. „Ach, Sie sind ja auch noch da!“ rief ich ihm spontan zu, nur um mir kurz danach gedanklich den Mund zuzuhalten, aber da war es schon zu spät. Glücklicherweise ist der Mann humorbegabt. Er lachte und sagte: „Ich finde es auch schön, dass Sie wieder da sind.“

 

Mein etwas übermütiger Spruch hatte zwei Gründe: 1. Ich war und bin wirklich froh, nach 17 Monaten Zuhause mit dem Kind wieder arbeiten und – Chefs jetzt bitte weglesen – morgens in Ruhe Kaffee trinken zu können, ohne nebenbei füttern, Pausenbrote machen, Marmelade aufwischen, beim Anziehen helfen zu müssen. 2. Und ich war einfach erleichtert zu sehen, dass sich innerhalb eines guten Jahres am großen Ganzen nicht viel verändert hat. Und das meine ich jetzt wirklich ganz positiv.

Denn das ist die nicht unbegründete Angst als Mutter in Elternzeit: Dass man nach der Elternzeit abgehängt ist, weil die Technik eine andere ist, die Aufgaben und die Kollegen gewechselt haben. Oder dass der Arbeitgeber sich in der Zwischenzeit überlegt hat, dass es genauso gut auch ohne einen einenläuft – und die Rückkehrerin auf einen unattraktiven Posten „entsorgt“.

Gefühlt war ich nie ganz weg

Diese Angst war in meinem Fall unbegründet – und, ja, ich weiß, wie viel Glück ich hatte und dass es eigentlich nicht sein kann, dass viele Frauen das immer noch ganz anders erleben. Aber ich sitze wieder am selben Schreibtisch mit denselben Aufgaben. Ich kann noch immer meinen Computer hochfahren und die Programme bedienen. Und die Telefonanlage, die ich schon vor der Elternzeit nicht verstanden habe, verstehe ich auch heute noch nicht. Klar, die Zeitung ist auch ohne mich erschienen und wäre es auch weiterhin. Aber die Chefs und Kollegen haben mir das ehrliche Gefühl gegeben, sich zu freuen, mich wiederzusehen. Das tat gut.

Geholfen hat mir sicherlich auch, dass ich in den 17 Monaten zwar nicht physisch an meinem Schreibtisch saß, aber ab und zu zumindest gefühlt. Ich habe regelmäßig meine Mails gelesen und wichtige Entscheidungen, Personalien und Neuerungen im Verlag mitbekommen. Außerdem hat mich meine Chefin auf dem Laufenden gehalten, mich nicht aus dem Mailverteiler geworfen und auch in der Elternzeit zu wichtigen Terminen und Fortbildungen selbstverständlich miteingeladen – und gleichzeitig akzeptiert, dass ich meist kinderbedingt keine Zeit dafür hatte. Gefühlt war ich irgendwie nie ganz weg. Und auch das tat gut.

Was mir allerdings den Einstieg momentan vor allem erleichtert, ist, dass der Mann gerade Elternzeit hat. Denn viel schlimmer als die Angst, im Beruf abgehängt zu sein, ist ja die Angst, das mit dem Beruf und zwei kleinen Kindern erst mal überhaupt nicht auf die Reihe zu bekommen.

Elterngeld war nicht als Reisezuschuss für Akademiker gedacht

Für mich ist es eine große Entlastung zu wissen, dass der Vater zuhause ist, der das kleinere Kind in Ruhe in der Krippe eingewöhnt und das größere aus dem Kindergarten abholt, der einkauft und das Abendessen kocht, der aufräumt und die Wäsche abhängt, der bei Bedarf zum Kinderarzt geht und die Post wegbringt und der – wenn es sehr gut läuft – sogar mal staubsaugt. Währenddessen kann ich mich voll auf meine Resozialisierung im Büro konzentrieren.

Der Mann und ich haben uns ganz bewusst entschieden, die Elternzeit nicht gleichzeitig sondern nacheinander zu nehmen. Und es war die beste Entscheidung überhaupt. Klar, als Familie gemeinsam auf monatelange Reisen zu gehen, wie es vor allem Akademikerpaare in der Elternzeit gern machen, ist sicher ein unvergessliches Erlebnis. Aber gedacht war das 14-monatige Elterngeld bei seiner Einführung vor gut zehn Jahren anders: Dass Männer auch Elternzeit nehmen, sollte Frauen helfen, früher und einigermaßen stressfrei wieder in den Beruf einsteigen und außerdem den Vätern ermöglichen, Zeit allein mit ihren Kindern zu verbringen – und dadurch auch zu merken, was das bedeutet (im Schönen wie im Anstrengenden).

Der Mann arbeitet sich in Aufgaben rund um Kinder und Haushalt ein

Ich verbinde mit unserem Modell aber noch eine andere Hoffnung: Da der Mann sich gerade richtig gut in alle Aufgaben rund um Kinder und Haushalt einarbeitet, werden wir uns das Ganze – auch wenn er wieder arbeitet – gleichberechtigter aufteilen können. Etwas, was bislang leider weder bei uns noch bei vielen anderen Paaren eine Selbstverständlichkeit ist, regelmäßige Leser dieser Kolumne erinnern sich vielleicht.

Wem das jetzt alles zu einfach klingt mit meinem Wiedereinstieg: Schon klar, der echte Stresstest kommt noch, wenn der Mann auch wieder arbeitet, wenn der Winter mit den vielen Kinderkrankheiten kommt, die nächste schlechte Schlafphase der Kleinen, die nächste Trotzphase des Großen und dann vielleicht noch die Waschmaschine kaputt geht.

Mal sehen, ob ich dann immer noch so übermütige Sprüche drauf habe.

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Die Autorin Lisa Welzhofer ist Mutter zweier Kinder und lebt in Stuttgart. In ihrer Kolumne macht sie sich regelmäßig Gedanken über Kinder, Kessel und mehr.