2017 waren nach vier Tagen alle Konzerte der Rolling Stones in Deutschland ausverkauft. So schnell geht’s für Stuttgart nicht. Drei Wochen nach Verkaufsstart sind 90 Prozent der Karten weg. Bernd Zerbin, der Sprecher des Veranstalters FKP Scorpio, beklagt einen „Schwarzmarkt-Irrsinn“.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Es gibt Dinge, die sollte man im Leben einmal getan haben, findet Marc Wenger. Den Besuch eines Stones-Konzert zählt er unbedingt dazu. Der Stuttgarter Unternehmensberater, der in Kitzbuehl die Sportwagen-Rallye Gold Run veranstaltet, erfüllt seinem 71-jährigen Vater einen großen Wunsch.

 

Noch nie hat der Senior Mick Jagger und Keith Richards live gesehen. Wenger hat zwei Karten zum Preis von je 499 Euro gekauft. Vater und Sohn freuen sich auf ein besonderes Erlebnis am 30. Juni in der Mercedes-Benz-Arena. „Ob die Stones noch oft kommen, ist fraglich“, sagt der Eventveranstalter. Wenn er seinem Vater eine Freude bereiten könne, spiele Geld keine Rolle.

Bis zu 1000 Euro kostet eine Stones-Karte bei eBay

Der Moderator und Sportmanager Jens Zimmermann dachte zuerst daran, sich Karten zu bestellen – doch dann entschied er sich dagegen. „2006 war ich beim Stones-Konzert in Stuttgart – diese Erinnerung ist stark genug“, sagt er. Die 499 Euro für eine Karte sollte man besser spenden, findet er. Oder man könnte damit ein schönes Wochenende im Allgäu verbringen.

Nachdem Ende Februar bekannt wurde, dass die Rolling Stones mit ihrer „No-Filter“-Tournee im Juni für zwei Konzerte erneut nach Deutschland kommen, waren die Karten für die günstigste und die teuerste Kategorie in der Mercedes-Benz-Arena ruckzuck vergriffen. Inzwischen zeigt sich bei eBay, dass viele Tickets nicht an die Fans gegangen sind – Händler haben sie sich geschnappt, um damit Geschäfte zu machen. Bis zu 1000 Euro wird im Internet für einen Platz im Stuttgarter Stadion verlangt.

Das Magazin „Rolling Stone“ rät angesichts der Wucherpreise, einen „kühlen Kopf“ zu bewahren. Die Erfahrung zeige, dass viele Verkäufer „oft auf ihren Karten sitzenbleiben, wenn sie mit den Preisen zu hoch gepokert haben“. Etwa zwei bis drei Wochen vor dem Konzert dürften die Eintrittskarten am günstigsten zu haben sein.

„Wahrscheinlich sind wir nach Ostern ausverkauft“

Weil alle Karten – anders als vor einem Jahr für den ersten Teil der „No-filter“-Tour durch Deutschland – diesmal nicht schon nach vier Tagen verkauft sind, fragt „focus-online“ ketzerisch: „Hat Deutschland keine Lust mehr auf die Stones?“ Doch, Stuttgart hat! Arnulf Woock, der Sprecher der örtlichen Veranstalter, sagt: „Es wird langsam eng. 90 Prozent der Karten sind weg. Wahrscheinlich können wir nach Ostern ein volles Stadion melden.“

Dass Schwarzmarkthändler dank einer Rocklegende Reibach machen wollen, ärgert Bernd Zerbin. „Der sogenannte Secondary Market bei den Tickets ist ein Irrsinn“, klagt der Sprecher von FKP Scorpio in Hamburg, von den deutschen Tourveranstaltern der Stones, „da wollen Personen von unserer Arbeit profitieren, ohne sich am Risiko zu beteiligen beizehungsweise einen Teil ihres Profits in den Aufbau neuer Künstler oder Eventkonzepte zu investieren.“ Mit Leidenschaft und Liebe zur Musik habe das „nichts mehr zu tun“, findet Zerbin, der in Stuttgart auch als Sprecher der Dinner-Show Palazzo bekannt ist. Gerade ging das Gastspiel auf dem Wasen zu Ende – 30 000 Besuchern wurden in dieser Saison gezählt.

La Fête Privée für das Kinderhospiz in der Note

Eventmanagerin Christina Lucia Semrau geht am 30. Juni nicht zu den Stones. „1999 war ich bei der Band auf dem Wasen und zu 100 Prozent überzeugt, dass sie zum letzten Mal in Deutschland auftreten“, sagt sie. Sitzplatzkarten für 500 Euro sind für die Veranstalterin der an die französische Salonkultur angelehnte Kulturpartyreihe La Fête Privée ein „No-go“: Da wollten „alternde Rocker“, deren „Zenith abgelaufen“ sei, „noch mal richtig absahnen“.

Weil die Frau des SWR-Sportchefs Alf Spatscheck schon 1999 vom Stones-Konzert enttäuscht war, geht sie diesmal gewiss nicht hin. Geld kann sinnvoller eingesetzt werden, findet die Botschafterin des Kinderhospiz. An dieses Haus spendet sie den Erlös und die Spendensammlung ihrer Party, bei der die Netzwerkerin Sportler, Medienleute, Künstlerund Kulturschaffende zusammenführt. Ihre VIP-Einlassbändchen sind nicht goldfarben, sondern bestehen aus bunten Liebesperlen. Die werden am Freitagabend in der Note in der Liederhalle wieder übergestreift.

Der Künstler Jan Hooss wird sein übergroßes Baby Robert mitbringen. Mit dem Riesensäugling hat sich Christina Lucia Semrau, die seit 1997 in Stuttgart lebt, seit Rolf Deyhle sie als stellvertretende Eventmanagerin ins SI-Centrum geholt hat, bereits angefreundet. Bei ihren Kulturpartys werden Exponate tanzend durch die Menschenmenge getragen. Kunst mitten drin – das ist es, was sie liebt.

Mindestens zwei Dinge sollte man in seinem Leben getan haben. Wer die Rolling Stones schon mal live gehört, muss also noch „Eideidei“ zu einem Riesenbaby sagen.