Sie sind schön, sie verheißen Effizienz und ihre Logik ist auf kleinstem Raum verdichtet: Die vielen Geräte, mit denen wir uns durch die digitale Welt bewegen, umgibt eine Aura von Klarheit. Sie versprechen dem Nutzer, er sei all das auch. Doch das stimmt leider nicht – der Mensch bleibt ein großes Gefühlstier.

Stuttgart - Eine Aura von Klarheit und Rationalität umgibt die Geräte, mit denen wir uns durch die digitale Welt bewegen, ihre auf winzigstem Raum verdichtete Logik, ihre Verheißung von Effizienz. Ihr Design, das heutzutage mit Schnörkellosigkeit immer möglichst nahe an dieser Effizienz zu bleiben versucht, ist bereits eine Konzession an jenen außervernünftigen Bereich, den Marketingmenschen „Emotion“ nennen.

 

Aber was ist, wenn die Gefühle über jenes nötige Maß an synthetischer Sympathie hinausgehen, die nötig ist, um den Kauf eines Kommunikationsgeräts einzufädeln? Was, wenn Emotionen an das Gerät branden oder von ihm ausgelöst und angefacht werden wie ein Feuer? Wir leben in einer Zeit, in der man nicht nur aufgehört hat, Briefe zu schreiben, und stattdessen E-Mails schickt – viele, schnelle, fehlerhafte –, sondern in der mit immer mehr und immer leistungsfähigeren Telefonen immer weniger telefoniert wird. Das Internet ist deshalb wie für mich geschaffen. Ich telefoniere nämlich nicht gern. Ich leide unter der Angst, mein Gegenüber möglicherweise nicht richtig verstehen zu können und dadurch in albtraumhafte Missverständnisse verwickelt zu werden. Dessen ungeachtet habe ich früher mal eine Weile als Telefonist gearbeitet.

Das Schild an der Hausfront war die Rettung

Einmal wurde mir da, während es klingelte, klar, dass ich vergessen hatte, wie die Firma hieß, in der ich arbeite. Ich hatte ein Buch gelesen und war darin so sehr versunken, dass ich nun nicht mehr wusste, wie ich mich am Telefon melden musste. Ich warf den Anrufer aus der Leitung, ging hinunter ins Parterre und am Portier vorbei auf die Straße, wo ich von einem Schild am Haus ablesen konnte, wie die Firma hieß.

Eine meiner Hauptsorgen war, in diese Situation zu geraten, in der man klar vor Augen hat, dass man sich wie auf Schienen ausweglos auf eine Katastrophe zubewegt. Dass man also beispielsweise am Telefon eine wichtige Mitteilung erhält, die man weitergeben soll, und man versteht sie aber nicht richtig, rein akustisch oder gar sinngemäß, und kann dann aber auch nicht mehr nachfragen, weil man die entscheidende Sekunde verpasst hat, bis zu der man hätte nachfragen können. Man kann dann nur noch so tun, als habe man alles verstanden. Jeder kennt diesen Moment, von dem an es unwiederbringlich zu spät ist.

Dann legt der Anrufer auf, und die Information verschwindet endgültig. Der Vorfall löst sich in nichts auf, wie rasch aufsteigender Flüssigsauerstoff. Ich beginne mich stattdessen mit möglichen Antworten für den Fall auszurüsten, dass jemand später noch einmal genau nachfragen sollte. Ja, es wäre doch alles ganz einfach gewesen, wenn man nur gleich nachgefragt hätte. Hat man aber nicht, denn der Mensch ist kein Smartphone, keine künstliche Intelligenz und in vielen Fällen nicht einmal eine natürliche. Der Mensch, mit seinen ganzen glanzvollen Maschinen, ist ein großes, dummes Gefühlstier.