Frauen sind ausdauernder, duldungsfähiger, politisch weniger eitel, vor allem aber sind sie mutiger, meint unsere Kolumnistin Sibylle Krause-Burger.

Stuttgart - So verzagt, so übervorsichtig, so zurückgenommen sah man Sigmar Gabriel noch nie. Wo immer er zurzeit öffentlich auftritt, gehen seine Worte auf Zehenspitzen, selbst wenn er von Weltpolitik redet. Seine Person macht sich schmal, seine Blicke künden von Trauer. Er scheint nicht nur zu ahnen, sondern schon zu wissen, dass er verloren hat. Und das ist kein Wunder. Einer, der das eigene Kind für höchstpersönliche Karrierezwecke instrumentalisiert und seinen international geachteten Job erst beleidigt hinschmeißt, dann aber doch wieder aufgreift – so einer kann eigentlich nicht länger Außenminister der Bundesrepublik Deutschland sein. Er wird dem Anspruch seines hohen Amtes nicht gerecht.

 

Martin Schulz – der Hunderprozentverlierer

Gewogen und für zu leicht befunden: das gilt noch mehr für den armen Martin Schulz, den Hunderprozentverlierer. Nachdem er bereits zwei Versprechen gebrochen hat – seine Partei in die Opposition zu führen und auf keinen Fall in ein Kabinett der Kanzlerin Merkel einzutreten -, serviert er dem deutschen Publikum, er scheide ohne Bitterkeit. Wer, bitteschön, soll ihm das glauben? Und was sind denn das für Männer? Welche Bürgerin, welcher Bürger will denn von solch wankelmütigen Schwächlingen regiert werden?

Stellen wir uns einmal vor, ein Willy Brandt hätte in den zurückliegenden Jahren die SPD geführt. Sie wäre gewiss nicht auf einem Umfragetief von 16 Prozent gelandet. Denn Brandt war ein Verlierer mit Ausdauer und Größe. Zweimal trat er vergeblich als Kanzlerkandidat an, bevor er regieren durfte. Und mit hocherhobenem Haupt trat er ab. Sigmar Gabriel hat zweimal andere vorgeschickt, damit sie statt seiner die zu erwartende Niederlage gegen Angela Merkel einstecken.

Helmut Kohl ging nicht ohne Würde

Auch Helmut Kohl ging nicht ohne Würde. Und Thomas de Maiziere führt uns Gegenwärtigen vor, dass ein Regierungsamt in der Demokratie der Allgemeinheit dienen soll und auf Zeit vergeben wird. Er musste schon einmal gehen und das Verteidigungsressort aufgeben. Nun wird ihm auch das Innenministerium genommen. Doch er heult sich deshalb nicht vor versammeltem Publikum die Augen aus. So muss es sein.

So hat es auch Helmut Schmidt gehalten als er gestürzt wurde und im Bonner Bundestag, wie es sich gehört, aufrecht zu Helmut Kohl schritt und dem neuen Kanzler zum gewonnenen Misstrauensvotum gratulierte. Er wusste ja auch, dass es die eigene Partei war, die ihm das Regieren unmöglich gemacht hatte. Denn diese Partei liebt die schwachen Männer – und schwachen Frauen. Andrea Nahles, eine Starke, verspürt bereits einen Hauch davon.

Die SPD misstraut der Macht

Die SPD misstraut der Macht. Besser wäre es, sie würde der eigenen Basis misstrauen. Denn die Macht in unserem Staat ist sinnvoll aufgeteilt, sie ist begrenzt und geordnet, auch in den Parteien. Mehrheiten aber, wie sie der geplante Mitgliederentscheid hervorbringen wird, entstehen aus Bauchgefühlen, sind zufälliger Wildwuchs und jeglicher Verantwortung ledig.

Das, nicht zuletzt, hat man wiederum Sigmar Gabriel zu verdanken. Einem Schwachen, wie man gesehen hat, der, wo er führen sollte, die Zügel an die Basis weitergab. Führung sei auch in der Demokratie nötig, sagte mir Helmut Schmidt einst in einem Interview und bedauerte gleichzeitig, dass der Begriff durch die Nazis missbraucht und beschmutzt worden sei. Doch gerade die Demokratie, mit ihren eingezäunten Strukturen der Macht, ist auf herausragende Köpfe angewiesen, auf mutige Vertreter des Volkes, auf Menschen mit Ausstrahlung, die überzeugen, ja führen können. Authentisch sollen sie sein und im Falle einer Niederlage daran wachsen, aber nicht kindlich greinen. An solchen Leuten mangelt es in allen Parteien.

Es geht nicht nur um Inhalte

Es geht eben nicht nur um die Inhalte, wie in diesen Krisentagen dauernd behauptet wird. Wieviel Wähler lesen schon Parteiprogramme oder Koalitionsverträge. Es geht um Politiker, welche erkennbar und glaubwürdig trotz aller Hürden für diese oder jene Richtung stehen. Auch Christian Lindner, der als politisches Wunderkind daherkommt, hat diese Feuerprobe nicht bestanden. Er ist dem Kampf ausgewichen und hat der Republik ein Desaster beschert. Und was soll man von den angeblichen Merkel-Opfern halten, die jetzt, da die Ära der Kanzlerin zu Ende zu gehen scheint, aus den Löchern gekrochen kommen: Friedrich Merz etwa, der sich ins Geldverdienen abgesetzt hat, statt auszuharren. Oder Norbert Röttgen, der die Wahl in Nordrhein-Westfalen verlor, nachdem er in einem Interview angedeutet hatte, dass er nur Ministerpräsident, nicht aber Oppositionsführer werden wolle. Um eventuell in Berlin Umweltminister bleiben zu können, setzte er seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel. Die Kanzlerin entließ ihn. Er war zu eitel, konnte nicht abwarten.

Schwache Männer, wo man auch hinsieht. Frauen sind ausdauernder, duldungsfähiger, politisch weniger eitel und mutiger. Lasst nicht nur Merkel und Nahles, lasst mehr von ihnen an den Spitzen der Politik sein.