Die Folgen, die der erzwungene Stopp der Busproduktion bei Evobus in Neu-Ulm hat, sind nicht absehbar, meint Rüdiger Bäßler. Die Zwangspause könnte länger dauern als bis Februar.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Neu-Ulm/München - Schon möglich, dass sich die Psychologie unter Reisewilligen rasch dreht, wenn das Impfen erst begonnen hat. Augenblicklich aber ist schwer vorstellbar, dass sich auf absehbare Zeit Touristen finden, die sich freiwillig auf eine mehrstündige voll besetzte Busreise begeben. Daran dürften Plexiglasscheiben, Desinfektionsspender oder nachgerüstete Klimaanlagen in den Fahrzeugen wenig ändern. Das ist dramatisch für die Busunternehmer, die im kommenden Jahr kaum mit einem zweiten Rettungspaket des Bundes in Höhe von 170 Millionen Euro rechnen können. Sie befinden sich in einer Situation des Ausgeliefertseins.

 

Verschärfte Brüsseler CO2-Ziele

Die Busbauer können die Verluste im Reisebussegment ein Stück weit mit der weiter florierenden Produktion von Stadtbussen kompensieren. Das hilft für eine Übergangszeit, ist aber keine Perspektive. Nur scheinbar geht es der Industrie besser als ihrer Kundschaft. Die Vollbremsung im Reisebussegment fällt ja zusammen mit einem durch verschärfte Brüsseler CO2-Ziele ausgelösten Technikwandel. Neue Elektro- und Wasserstoffantriebe müssen her, am dringlichsten bei den Stadtbussen, die zugleich stärker aufs autonome Fahren zu trimmen sind und in starker internationaler Konkurrenz stehen. Das kostet viel Geld. Der groß angelegte Personalabbau, den MAN kürzlich innerhalb des Konzerns angestoßen hat und der auch zwei deutsche Werke in ihrer Existenz treffen könnte, hat nur zu einem kleineren Teil mit der Pandemie zu tun; der Druck des Wandels ist weit älter als ein Jahr.

Die Zwangspause kann lang werden

So drastisch wie der Münchner Konkurrent agiert man bei Evobus nicht, aber die Herausforderungen sind im Kern die gleichen. Niemand kann aktuell sagen, wie lange das Werk in Neu-Ulm noch im künstlichen Schlaf wird verharren müssen. Es gibt guten Grund zur Annahme, dass sich der Moment der Wiedererweckung deutlich länger als bis Februar hinauszieht. Das Geld, das aktuell verloren wird, fehlt an anderer, dringend benötigter Stelle. Evobus liefert in diesen Tagen ein schönes Beispiel für gelebte Solidarität einer Industriesparte. Wie lange noch, ist allerdings eine Entscheidung, die weder in Mannheim noch in Neu-Ulm fällt.