Die Liberianer können nach vorne blicken: Ihnen bleibt eine Rückkehr des Ex-Diktators Charles Taylors erspart, kommentiert Thomas Thieme.

Stuttgart - Charles Taylor hat sein Heimatland Liberia an den Rand des Abgrunds geführt. Die Folgen sind auch fast ein Jahrzehnt nach Ende des Bürgerkrieges noch spürbar: 15 000 UN-Blauhelme, das weltweit größte Kontingent der Vereinten Nationen, sind nach wie vor im Einsatz, um die Sicherheit im Land zu gewährleisten. Der Aufbau funktionierender Institutionen in Verwaltung und Justizwesen geht nur schleppend voran. Gleiches gilt für die marode Infrastruktur. Die Wunden, die Taylor und seine skrupellosen Getreuen den Menschen in Liberia und im Nachbarland Sierra Leone zwischen 1989 und 2003 zugefügt haben, verheilen nur langsam.

 

Dieser Heilungsprozess erfährt durch den Schuldspruch von Den Haag einen lang ersehnten Fortschritt. Zwar musste sich Taylor für Verbrechen in Sierra Leone verantworten, doch das Urteil strahlt vor allem nach Liberia aus. Es gibt den leidgeprüften Menschen die Chance, die Geister der Vergangenheit ein für allemal zu vertreiben und wieder unbelastet nach vorne zu schauen. Man mag sich gar nicht ausmalen, was die Alternative gewesen wäre: Ein Freispruch für den früheren Warlord und Präsidenten und eine Rückkehr Taylors hätten das Potenzial dazu gehabt, das Rad der Zeit zurückzudrehen. Dieses Schicksal bleibt den Liberianern nun erspart. Es ist eine glückliche Wendung der Geschichte.