Das Stuttgarter Festival Jazz-Open hat für jeden Geschmack Hochwertiges geboten. Ein Gemischwarenladen war die Veranstaltung dennoch nicht, kommentiert unser Autor Ulrich Kriest.

Stuttgart - Circa 20 000 Besucher, erstklassige Locations mit je besonderem Flair, ein erstaunlich hohes Niveau bei den Konzerten, eine wachsende überregionale Resonanz – und ein Wettergott, der dem Sommerfestival buchstäblich bis zur letzten Sekunde nicht in die Parade fährt. Jürgen Schlensog, Geschäftsführer der veranstaltenden Opus GmbH, sieht die Jazz-Open Stuttgart erstmals dort angekommen, wo er sie selbst gerne sieht: ziemlich weit vorne im nationalen Festivalzirkus.

 

Einziger Wermutstropfen: die späte Absage Jeff Becks, die programmplanerisch nicht mehr adäquat aufgefangen werden konnte. Ansonsten zeugte gerade das Programm 2014 von einer glücklichen Hand. Es war für jeden Geschmack Hochwertiges geboten und doch kein Gemischtwarenladen. Dass dies gelingen konnte, hat wiederum mit dem gewachsenen Renomée des Festivals zu tun. Viele Jahre hatte Van Morrison überhaupt nicht auf Anfragen reagiert, jetzt präsentierte er sich sogar in – für seine Verhältnisse – leutseliger Stimmung.

Stars und Entdeckungen

Was Van Morrison für keltischen Folk, Blues und Soul ist, sind Dr. John für die Musik des Mississippi-Deltas und Mavis Staples für den Soul – Institutionen mit unschätzbaren Verdiensten, die man erlebt haben sollte. Mit Gregory Porter, der Tedeschi Trucks Band und Jamie Cullum präsentierten sich aktuelle Stars, andererseits waren durchaus Entdeckungen möglich.

Das unterhaltsamste, lustigste, schönste Konzert spielte Ed Motta im überfüllten Bix, angefeuert von einem portugiesisch sprechenden Publikum, das wusste, welche Koryphäe da musizierte. Kein Mauerblümchendasein führte der Jazz, der in allen seinen Facetten auf dem Programm stand: jung, tanzbar, groovig, traditionell, intellektuell, experimentell, Generationen übergreifend.

Hancock und Shorter als Höhepunkt

Ein Höhepunkt war sicher das Zusammentreffen von Herbie Hancock und Wayne Shorter. Zu jeder Sekunde riskierten sie den Absturz in Belanglosigkeit und durften am Ende triumphieren. Bewegt dankten die beiden Musiken dem Stuttgarter Publikum als Drittem im Bunde, dass diesen künstlerischen Hochseilakt konzentriert und geduldig mitgegangen ist. Auf dieses Publikum kann man in Zukunft bauen.