Helmut Kohl gewinnt den Rechtsstreit um Tonbänder, auf denen Interviews mit seinem Ghostwriter festgehalten sind. Der Altkanzler sollte die Dokumente dennoch nicht für sich behalten, kommentiert Rainer Pörtner.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - Der Gegenstand, um den Helmut Kohl und Heribert Schwan vor Gericht streiten, ist durchaus beeindruckend: es geht um mehr als sechshundert Stunden Gespräche, die der Altkanzler und sein Ghostwriter führten und auf Tonband aufzeichneten, um eine Grundlage für die mehrbändigen Kohl-Memoiren zu haben. Es ist ein historisches Vermächtnis eines langjährigen Regierungschefs – in seiner Bedeutung sogar noch gesteigert, seit Kohl durch die Folgen eines Sturzes in seiner Sprechfähigkeit stark eingeschränkt ist. Aber wem gehören die Tonaufzeichnungen? Dem Journalisten, der die Fragen stellte? Oder dem Kanzler, der antwortete?

 

Die zweitinstanzliche Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln, dem Altkanzler das Verfügungsrecht über die Bänder zuzusprechen, ist juristisch nachvollziehbar. Dies ergibt sich aus den vertraglichen Verbindungen von Kohl und Schwan, die dem Altkanzler eindeutig das Letzentscheidungsrecht in dem Biografie-Projekt einräumen. Ihren Wert erhalten die Bänder zudem weit mehr durch Kohls Worte als durch Schwans Fragen. Befriedigend ist das Ergebnis gleichwohl nicht: Zeithistorische Dokumente wie diese Tonbänder sollten – wie der Richter selbst zurecht anmerkte – weder in Oggersheim noch im Haus des Journalisten lagern. Am besten aufgehoben wären sie in einem öffentlichen Archiv.