Peter Löscher werden eine ganze Reihe von Fehlentscheidungen zum Verhängnis. Doch mit ihm gerät auch der Aufsichtsratschef Cromme ins Visier, der an dem von ihm zum Konzern geholten Manager immer festgehalten hat. Ein Kommentar von StZ-Autor Thomas Magenheim

München - Es wird fühlbar einsam um Siemens-Chef Peter Löscher. Für ihn starkmachen mag sich in der jetzigen Situation niemand mehr. Das ist oft so vor dem Fall eines Mächtigen. Was den 55-Jährigen noch über die nächsten Tage retten könnte, ist wohl allenfalls, dass sich die verschiedenen Kräfte des Aufsichtsrats nicht so schnell über einen Nachfolger einigen können. Ernsthaft am mehr als unglücklich agierenden Österreicher festhalten können sie nicht. Löscher schätzt die Märkte falsch ein und bricht Versprechen, vor allem solche gegenüber der Börse. Er setzt den Betriebsfrieden aufs Spiel und kämpft nach sechs Jahren an der Spitze von Siemens immer noch mit dem Detailwissen um das zugegeben sehr vielfältige Haus. Aber es ist schon bezeichnend, dass sich bei Pressekonferenzen die Trauben der Journalisten um den weit kundigeren Finanzchef Joe Kaeser bilden und nicht um den eigentlichen Siemens-Chef.

 

Schon einzelne dieser Gründe würden eine Ablösung rechtfertigen. Ihre Summe rechtfertigt es allemal. Löscher war einmal der richtige Mann zur richtigen Zeit. Als Siemens von einem Korruptionsskandal industriehistorischen Ausmaßes erschüttert wurde und die Köpfe reiheweise rollten, konnte das Großreinemachen nur ein Konzernfremder übernehmen. Schon zum Ende seiner ersten Amtszeit wurde aber sichtbar, dass deren Verlängerung unter einem schlechten Stern steht und Löscher bei Siemens nicht heimisch wird. Dennoch ließ Oberaufseher Gerhard Cromme, der den einstigen Feuerwehrmann zu Siemens geholt hatte, den Vertrag seines Schützlings verlängern. Nun gibt es einige, die von einer großen Lösung sprechen, einem Abgang Löschers und Crommes zugleich.

Es könnte aber auf zwei getrennte Akte eines Drama hinauslaufen mit einem zeitverzögerten Abgang des 70-jährigen Siemens-Aufsichtsratschefs. Auch dieser ist angeschlagen, spätestens seit seinem Rückzug bei Thyssen-Krupp und den immer noch nicht geklärten Hintergründen. Bei Siemens wird das Duo als Schicksalsgemeinschaft gesehen. Wenn Löscher gehen muss, spricht vieles dafür, dass es einen kompletten Neuanfang an der Spitze der Münchner gibt. Eine solche Entscheidung wäre zu begrüßen.