Wenn die Stadt der Deutschen Bahn auf die Finger klopft, erfüllt sie auch einen wesentlichen Teil ihrer Projektförderpflicht, kommentiert der Lokalchef der Stuttgarter Zeitung Holger Gayer.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Als die Grünen nach der aus ihrer Sicht verlorenen Volksabstimmung zu Stuttgart 21 die „kritische Begleitung“ des Bahnprojekts zur neuen Maxime ihres Handels erhoben, ernteten sie allenthalben Misstrauen. Die einen befürchteten, dass schon die Gesinnung des Ministerpräsidenten – und später auch die des Stuttgarter Oberbürgermeisters – zu Blockaden führen könnte; die Bahn erfand dafür den Begriff „behördlichen Schwergang“. Die anderen bezichtigten ihre einstigen Vorkämpfer des Verrats, weil diese das Votum der Mehrheit akzeptierten; etliche S-21-Gegner schwören den Grünen deswegen heute noch ewige Abstinenz.

 

Unabhängig von der politischen Farbenlehre aber zeigt sich eines immer mehr: Nichts hat das Projekt Stuttgart 21 nötiger als eine kritische Begleitung. Jüngstes Beispiel sind die Einwendungen der Stadt im Blick auf den Bau des Nesenbachdükers. Dass die Bahn die Fahrspuren am Gebhard-Müller-Platz reduzieren wollte und nun vom Amt für öffentliche Ordnung dafür gerügt wird, beweist, dass die S-21-Bauherrin immer wieder versucht, Vorgaben zu missachten oder in ihrem Sinne zu interpretieren. Deswegen benötigt die Stadt ein Heer von Experten, das den S-21-Planern auf die Finger schaut. Das ist zwar keine Projekt-Förderpflicht im Sinne der Bahn. Aber ein unabdingbarer Dienst am Bürger.