Verteidigungsminister Thomas de Maizière hat es in der Drohnen-Affäre nicht geschafft, den Primat der Politik durchzusetzen. Er hat als Getriebener agiert, kritisiert die StZ-Redakteurin Bärbel Krauß.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - In keinem Ressort der Bundesregierung wird der Primat der Politik so vehement eingefordert und verteidigt wie im Geschäftsbereich des Verteidigungsministeriums. Das ist ein Reflex auf die latente Furcht, die Streitkräfte könnten irgendwann einmal doch versucht sein, die Unterordnung unter die demokratische Machtverteilung zu verweigern. Davon ist die Bundeswehr, davon ist die Republik glücklicherweise weit entfernt. Trotzdem zeigt die Affäre um die Aufklärungsdrohne Euro Hawk, dass der Primat der Politik in Gefahr ist, denn der Minister agiert bei diesem Thema nicht als politischer Führer, sondern als Getriebener der Verwaltung.

 

Thomas de Maizières Entscheidung, die Drohnenserie wegen der teuren Zulassungsprobleme beim Prototyp des Euro Hawk doch nicht zu kaufen, krankt daran, dass er ein Diktat der Verwaltung zu akzeptieren scheint, das es nicht gibt und auch nicht geben darf. Seit drei Monaten versucht der CDU-Politiker, den abrupten Ausstieg aus dem für die Streitkräfte und die Sicherheitspolitik der Bundesregierung strategisch wichtigen Aufklärungsprojekt zu begründen. Eine politisch überzeugende Erklärung hat er nicht geliefert.

Die Probleme wären lösbar

Zu seiner Ehrenrettung muss man sagen, dass die Entscheidung nicht einfach ist. Erstens gibt es Kostenrisiken. Zweitens ist der Drohnenproduzent aus den USA ein eigenständiges Kontrollsystem für die Deutschen bisher schuldig geblieben, was kein kleiner Makel ist. Und drittens sind die Bedenken der wehrtechnischen Genehmigungsbehörden gegen eine Zulassung des Euro Hawk nicht substanzlos. Entscheidend aber ist, dass die Probleme – den politischen Willen vorausgesetzt – lösbar wären. Thomas de Maizière hätte den Spielraum gehabt, dem Handeln der Verwaltung durch einen Impuls eine andere Richtung zu geben.

Warum hat er die zuständigen Stellen nicht aufgefordert, eine Sonderzulassung zu erhalten? Dann wäre das größte Kostenrisiko beseitigt. Sicherheitsbedenken können nicht die Ursache sein, denn Deutschland akzeptiert, dass die Nato Hawks, die in einigen Jahren fliegen sollen, von den Italienern genauso zugelassen werden. Dass die Nato Hawks über Deutschland fliegen dürfen, der Euro Hawk aber nicht, ist nicht zu vermitteln.

De Maizière sollte seine Entscheidung revidieren

Tatsächlich hat die Opposition unrecht, die de Maizière vorwirft, den Kauf der Drohnenserie zu spät gestoppt zu haben. Das Gegenteil ist der Fall. Zum einen werden die Tests des neuen Aufklärungssystems erst Ende September abgeschlossen sein. Zum anderen steht das Verteidigungsministerium bei der Frage nach Alternativen zur Schließung der strategisch bedeutsamen Lücke im Fähigkeitsspektrum der Bundeswehr derzeit völlig blank da.

De Maizière sollte deshalb seine Entscheidung revidieren. Baut man das Aufklärungssystem Isis in ein bemanntes Flugzeug ein, verliert es seine herausragende Leistungsfähigkeit. Deshalb wäre es richtig, den voreilig verkündeten Stopp der Serienbeschaffung zu überdenken und mit den Amerikanern über den Kauf einer neueren Version des Global Hawk zu reden. Bei der Suche nach einem alternativen System der Luftaufklärung sollte dieser Weg jedenfalls nicht ausgeschlossen werden.

Ein souveräner Minister könnte sich eine solche Kehrtwende leisten. Aber um die Souveränität de Maizières ist es auch nach seiner gestrigen Vernehmung nicht gut bestellt. Er hätte persönliche Fehler einräumen sollen – zumindest den, dass er sich mit dem Euro Hawk erst intensiv genug beschäftigt hat, als die Drohne schon in den Brunnen gefallen war. Er ist eines taktischen Umgangs mit der Wahrheit überführt und hat beim Krisenmanagement sein Heil in einer vorgeschobenen Ahnungslosigkeit gesucht. Auch wenn er sein Amt darüber nicht verliert, wird ihn das über den Tag hinaus beschädigen.