Arbeitnehmer brauchen eine ungestörte Privatsphäre, um zu regenerieren. Arbeitgeber wie Daimler oder das Arbeitsministerium von Ministerin von der Leyen sind zu loben, wenn sie das berücksichtigen, kommentiert Barbara Thurner-Fromm.

Stuttgart - Man möchte lieber nicht so genau wissen, wie groß der Druck auf die Mainzer Bahnbediensteten war, vorzeitig aus dem Urlaub an ihre Arbeit zurückzukehren, um das Fahrplanchaos zu beenden. Man kann sich auch so lebhaft vorstellen, dass die Betroffenen mit SMS, Anrufen und E-Mails bombardiert wurden. Doch darf ein Arbeitgeber verlangen, dass der Einzelne strukturelle Probleme, Fehler im Management, unerwartete Krisen oder den allgemeinen Wettbewerbsdruck einer Firma zu seinem persönlichen Problem macht und dank moderner Kommunikationssysteme rund um die Uhr erreichbar, ansprechbar, verfügbar ist?

 

Nein, das darf man nicht – und das hat mit ideologischer Antihaltung wenig zu tun. Und ein guter Chef tut das auch nicht, denn Arbeitnehmer haben nicht nur ein Recht auf ein ungestörtes Privatleben. Sie brauchen das auch, um gesund zu bleiben. Die psychischen Erkrankungen von Berufstätigen nehmen rasant zu – nicht zuletzt, weil viele sich der mentalen Beschleunigung des Arbeitslebens nicht mehr gewachsen fühlen. Zur Ruhe kommen, den Kopf frei haben, in eine Gegenwelt eintauchen – das sind notwendige Kontraste dazu. Deshalb sind die Signale von Daimler und Arbeitsministerin von der Leyen richtig. Es gibt ein Leben jenseits des Jobs – selbst für den Fleißigsten.