Verena Becker will ihr Schweigen brechen. Doch die Aussage der Ex-Terroristin wird an dem RAF-Urteil wohl nur wenig ändern, meint Stefan Geiger.

Stuttgart - Es ist das selbstverständliche Recht jedes Angeklagten zu schweigen, und es ist das Recht jedes Angeklagten, zu dem von ihm für nützlich gehaltenen Zeitpunkt zu reden – und sei es nach anderthalb Jahren mündlicher Verhandlung. Anders als die Bundesanwaltschaft nahelegt, war es nicht Aufgabe der früheren RAF-Terroristin Verena Becker, durch eine frühzeitige Aussage den Anklägern und dem Gericht viel Arbeit zu ersparen. Ihre Ankündigung, nun doch noch etwas sagen zu wollen, kommt überraschend. Dies umso mehr, als der Prozessverlauf die Zweifel daran wachsen ließ, dass die Anklage gegen Becker im vollen Umfang Bestand haben wird. Ob die auf zwanzig Minuten terminierte Aussage den Ausgang des Prozesses noch ändern wird, ist schon deshalb zweifelhaft. Womöglich geht es Verena Becker tatsächlich – nur – darum, etwas richtigzustellen, was ihr wichtig, strafrechtlich aber von untergeordneter Bedeutung ist.

 

Der Prozess hinterlässt, ganz gleich wie er endet, ein ungutes Gefühl. Der gigantische Aufwand, der hier getrieben wird, ist teilweise weniger dem Nachweis einer strafrechtlichen Schuld geschuldet, eher der Befriedung des Nebenklägers Buback, der als Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts etwas sucht, was er nicht bekommen wird: die historische Wahrheit. Dafür ist ein Strafprozess nicht da.