Bundestrainer Joachim Löw geißelt sich selbst, will seinem Stil aber treu bleiben – ein zweifelhafter Weg, findet unser Redakteur Marco Seliger.

Sport: Marco Seliger (sem)

München - Das Gute vorneweg: Wohl selten hat man einen Trainer erlebt, der sich selbst so sehr anklagte wie Joachim Löw am Mittwoch. Arroganz warf sich der Bundestrainer vor im Rückblick rund um die WM in Russland. Nun wird es nicht wenige Kritiker geben, die sagen, dass Löw angesichts seines abgehobenen Auftretens rund um die WM auch nichts mehr anderes übrig blieb. Andererseits: Selbsteinsicht ist, egal, wann sie eintritt, auch immer der erste Weg zur Besserung. Wenn Löw sich also künftig an seinen eigenen Worten misst und sein Handeln danach ausrichtet, wenn er endlich wieder demütig an die Dinge herangeht und nicht mehr hochnäsig auf seiner Weltmeisterwolke schwebt, ist das ein erster Schritt in die richtige Richtung.

 

Und sonst so? Nun ja. Von einem wirklichen Neuanfang kann trotz der Eingeständnisse Löws kaum die Rede sein. Die Nominierung von drei jungen Debütanten für die Spiele gegen Frankreich und Peru im September wäre auch nicht überraschend gekommen, wenn Deutschland ein paar Wochen vorher im WM-Finale gestanden hätte. Der Weltmeister Sami Khedira fehlt im Aufgebot, auch das ist keine Revolution, erst recht nicht nach dessen miserablen Leistungen bei der WM.

Es darf bezweifelt werden, dass dies zum Erfolg führen wird

Auch die personellen Konsequenzen im Team hinter dem Team sind so marginal, dass sie kaum für einen großen Umbruch stehen. Obendrein wird Löw an seinem Führungsstil grundsätzlich eher weniger ändern, das klang durch am Mittwoch. Das bedeutet konkret: Der Bundestrainer setzt bei seinen Spielern weiter auf Vertrauen, und nicht auf eine harte Linie und totale Kontrolle. Es ist nach dem WM-Debakel von Russland, nach Grüppchenbildungen, mangelnder Disziplin und fehlendem Einsatz, ein zweifelhafter Ansatz – er ist Löw aber nicht vorzuwerfen. Denn wer wie der DFB Löw will, der bekommt eben Löw.

Jenen Mann, der sich in diesem Leben nicht mehr ändern wird. Ob die kleineren Korrekturen, auch bei sich selbst, ausreichen, um die Nationalelf wieder zu Erfolgen zu führen, darf bezweifelt werden.