An der EU-Mission in Afrika sollen sich bis zu 250 Bundeswehr-Soldaten beteiligen. Ist dieser Einsatz gerechtfertigt? Ja, meint die StZ-Redakteurin Bärbel Krauß. Aber die Regierung muss ihn besser begründen als in der Vergangenheit.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Kaum ist die schwarz-rote Bundesregierung im Amt, stehen eine weitere Mission der Bundeswehr in Zentralafrika und eine Ausweitung des Mali-Einsatzes auf der Agenda. Das wird von der Linkspartei flugs als Abkehr von der vom liberalen Ex-Außenminister Guido Westerwelle propagierten Kultur der Zurückhaltung und als Militarisierung der Außenpolitik gegeißelt. Doch der Vorwurf ist falsch. Es gibt in Militärfragen keine einfache Moral. Der Einsatz von Streitkräften kann politisch falsch oder richtig sein – militärische Abstinenz jedoch auch. Als Beleg dafür, dass wir auf der weltpolitischen Bühne „die Guten“ sind, taugt weder das eine noch das andere generell.

 

So wie das Nein zur deutschen Beteiligung an einer Libyenmission in der vergangenen Legislaturperiode nicht ganz und gar falsch war, wird man in einigen Jahren hoffentlich zu dem Schluss kommen, dass die Beteiligung der Bundeswehr an einer EU-Mission in Zentralafrika, die Berlin demnächst beschließt, eher – wenn auch nicht ganz und gar – richtig war. In Wahrheit wäre das schon das maximal Erreichbare.

Die Bundeswehr hat viele Erfahrungen gesammelt

Im militärischen Teil der internationalen Politik wird es zwar immer ein erhöhtes Ausmaß des „muddling through“ geben, wie die Organisationstheoretiker das Durchwursteln nennen. Aber die deutsche Politik steht trotzdem vor der Herausforderung, besser zu erklären, warum sie zur Stabilisierung von Mali und Zentralafrika militärische Mittel einsetzen will, in Libyen und Somalia aber nicht. Und weshalb die Bundesregierung Logistik, Sanitäter oder Lufttransport einbringen möchte, vor der Entsendung von Kampftruppen aber die rote Linie zieht. Denn ernsthaft wird niemand bestreiten wollen, dass bei solchen Missionen in der Regel erst durch das Zusammenwirken von Kampfhandlungen und Stabilisierungsmaßnahmen ein Gewinn an Sicherheit entsteht.

In den vergangenen fünfzehn Jahren hat die Bundesrepublik viele Erfahrungen mit unterschiedlichsten Auslandseinsätzen gemacht. Im Umgang damit sind die Regierungen aber nicht wirklich souveräner geworden. Davon zeugen die ungenügenden Begründungen für das Warum – und das Warum-nicht – von Bundeswehreinsätzen. In Mali und Zentralafrika können Union und Sozialdemokraten beweisen, dass sie seit der vorherigen großen Koalition dazugelernt haben. Sie dürfen nicht nur moralisch argumentieren, etwa damit, dass fundamentalistischer Terror und Völkermord im Herzen Afrikas verhindert wird.

Wie weit reichen die militärischen Mittel?

Sie dürfen nicht allein auf bündnispolitische Notwendigkeiten verweisen: dass die Franzosen bei dieser Aufgabe Hilfe brauchen, dass die deutsch-französische Partnerschaft Kern der EU-Verteidigungspolitik sein muss, und dass die Europäer auf ihrem Hinterhof Afrika gefordert sind. Die Regierung muss sich außerdem klar zu deutsch-europäischen Interessen bekennen, und sei es „nur“ dazu, dass ein weiteres Anschwellen der Flüchtlingsströme aus Afrika unbedingt verhindert werden soll.

Hinzukommen muss das nüchterne Abwägen, wie weit die gemeinsamen militärischen Mittel reichen. Sie reichen sicher nicht, um Demokratie oder Frieden nach unserem Verständnis zu schaffen. Dass der erhoffte Gewinn an Sicherheit viel bescheidener ausfallen wird, sollten die Kanzlerin, der Außenminister und die Verteidigungsministerin deutlich sagen. Dennoch scheinen die Konflikte in Mali und Zentralafrika beherrschbarer als etwa in Somalia. Außerdem werden bei den deutschen Truppen allmählich Kapazitäten frei, die bisher in Afghanistan gebunden waren. So etwa könnten die Argumente lauten. Aber ob die Regierenden sich trauen, diesen Vierklang aus Moral, Bündnispolitik, Interessen und militärischer Reichweite klar zu benennen, ist offen. Daran wird zu bemessen sein, ob Union und SPD gereift mit ihrer internationalen Verantwortung umgehen.