Barack Obama trat mit dem Versprechen einer neuen Außenpolitik an. In der Krise um die Ukraine muss er feststellen, dass seine Vorstellungen an der Realität zerschellen, meint StZ-Korrespondent Damir Fras.

Als George W. Bush im Januar 2001 ins Weiße Haus in Washington einzog, hatte er von Außenpolitik keine Ahnung. Erst die Terroranschläge vom 11. September desselben Jahres machten aus dem unerfahrenen Ex-Gouverneur von Texas einen Präsidenten, der erst in Afghanistan und später im Irak einmarschierte. Bush bediente sich einer Militärdoktrin, die seit den Zeiten des Vietnamkriegs galt: Wer die USA provozierte, musste mit einer Invasion rechnen. So war es in Panama und in Grenada, so war es im ersten Golfkrieg.

 

Als Barack Obama im Januar 2009 ins Weiße Haus einzog, hatte er von Außenpolitik ebenfalls keine Ahnung. Im Gegensatz zu Bush aber war der frühere Senator aus Illinois von Anfang an ehrlich. Angetrieben von der Überzeugung, dass die amerikanische Bevölkerung die Kriege leid ist, versprach Obama, die Feldzüge im Irak und in Afghanistan zu beenden. Langfristig sollten die USA auch ihre Rolle als alleiniger Weltpolizist ablegen. Ein paar Jahre lang schien es, als würde Obama exakt das tun, was die von Bush Enttäuschten ersehnt hatten: Konsultation statt Alleingang, Diplomatie statt Konflikt.

Obamas Kriege finden im Dunkeln statt

Um nicht missverstanden zu werden: Bush war ein übler Falke, nicht aus Überzeugung, sondern angetrieben von seinen neokonservativen Beratern. Aber Obama ist auch kein nettes Friedenstäubchen, und das sogar aus Überzeugung. Er nimmt sich das Recht heraus, darüber zu entscheiden, welche mutmaßlichen Terroristen mit unbemannten Drohnen getötet werden – und das weltweit. Der Krieg ist auch für Obama grundsätzlich ein Mittel der Politik. Er führt ihn nur anders als Bush – im Dunklen, im Geheimen. Ob das besser ist als eine offene Feldschlacht, steht dahin.

Der US-Präsident will eine neue US-Außenpolitik für das 21. Jahrhundert begründen, denn die Amerikaner sind kriegsmüde. Sie wollen wie Obama nicht mehr, dass ihre Soldaten an irgendwelchen, weit entfernten Flecken Krieg führen müssen. Sie wollen „Nation Building“ im eigenen Land, dessen Infrastruktur mancherorts kaum noch von der eines Schwellenlandes zu unterscheiden ist.

Obamas Kurs ist in den USA durchaus populär, weshalb er auch als Präsident wiedergewählt worden ist. Doch die Krise in der Ukraine zeigt ihm nun seine Grenzen auf. Mehr denn je muss man sagen: Obama hat sich mehr an seinen Wunschvorstellungen orientiert als an der Realität. Die „Washington Post“ brachte es jetzt auf den Punkt: Das Memo, in dem steht, wie man sich im 21. Jahrhundert zu verhalten hat, haben nicht alle Beteiligten erhalten.

Putin muss sich wenig Sorgen um Sanktionen machen

Im vergangenen Jahr hat es den syrischen Machthaber Baschar al-Assad im wahrsten Sinne des Wortes einen Dreck geschert, als Obama eine „rote Linie“ zog, deren Überschreiten einen amerikanischen Militärschlag zur Folge haben würde. Er kam nicht, weil Obama aus gutem Grund den Alleingang scheute. Als Obama dann vor ein paar Wochen vom damaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch forderte, nicht auf die Demonstranten in Kiew schießen zu lassen, war das Gegenteil die Folge. Janukowitsch wusste, dass er keine Sanktionen fürchten musste.

Über die Haltung Amerikas machte sich auch der russische Präsident Wladimir Putin keine Sorgen, als er nach der Krim griff, zumal nicht einmal die republikanischen Scharfmacher in den USA ernsthaft eine militärische Antwort auf die Provokation aus Moskau verlangen. Außer einigen Wirtschaftssanktionen, die im Zweifel den Europäern größere Sorgen bereiten müssen, wird aus Washington wenig kommen.

Obama will mit seiner Außenpolitik an sich das Richtige. Nur kann es ihm nicht gelingen. Solange die Putins dieser Welt eine Kanonenboot-Politik im Stile des ausgehenden 19. Jahrhunderts betreiben, so lange ist Obamas Politik für das 21. Jahrhundert zum Scheitern verurteilt.