Wohnbau- und Stadtentwicklungsprojekte sind kompliziert. Es ist wichtig, jedes Vorhaben einzeln auf seine Sinnhaftigkeit zu überprüfen, meint Redakteur Sven Hahn.

Stuttgart - Immobilienunternehmer ordnen menschliche Sorgen stets dem Streben nach Gewinn unter. Demonstranten wollen einfach dagegen sein, ganz egal, um was es geht. Der eine Satz ist so falsch wie der andere, denn Pauschalurteile liegen meist daneben. Der Grund: die Welt ist am Ende meist komplizierter als eine kurze Parole – ähnlich verhält es sich mit der Stadtentwicklung.

 

Beim Streit um den Abriss der Wohngebäude in der Keltersiedlung spricht vieles dafür, dass die Pläne der SWSG dem Quartier und der gesamten Stadt am Ende guttun werden. Das Mietniveau soll nach der Umbauphase auf ähnlichem Niveau liegen wie davor, die Zahl der verfügbaren Sozialwohnungen steigt von neun auf 93. Und: es entstehen 183 Wohnungen, wo heute lediglich 105 Einheiten existieren. In einer Stadt, in der bezahlbarer Wohnraum ein derart seltenes Gut ist wie in Stuttgart, sind das gute Nachrichten. Nun liegt es an der städtischen Wohnbautochter, ein Quartier zu schaffen, das es in puncto Atmosphäre und Charme mit der aktuellen Bebauung aufnehmen kann. Denn nicht bloß die nackten Zahlen, auch die sogenannten weichen Faktoren sollten beim Wohnungsbau eine wichtige Rolle spielen.

Nimmt man die Keltersiedlung sinnbildlich für die Debatte um den Sinn oder Unsinn der zahlreichen Abrisse in Stuttgart, zeigt sich schnell, dass es sich stets lohnt, jedes Projekt für sich zu betrachten und im Einzelfall zu entscheiden.

sven.hahn@stzn.de