Der neue Gemeinderat sieht nach der Wahl beinahe so aus wie der bisherige – nur zwei Räte treten nicht mehr an. Dafür ist Die Partei mit sieben Bewerbern neu dabei. Und eine Besonderheit gibt es bei den Sozialdemokraten.

Hemmingen - Sie sind unter 30, wollen sich „politisch engagieren und einbringen“, das Leben im Ort „aufmischen“. Und sie sind sicher, dass sie gute Chancen haben, dies mit zumindest einem Sitz im neuen Hemminger Gemeinderat zu erreichen. „Wir können es schaffen. Für einen Sitz sind rund 1500 Stimmen nötig“, sagt Hendrik Krause (23) von Die Partei. Das Wahlverfahren bevorzuge kleine Parteien. Sieben Kandidaten stehen auf der Liste, allen voran der Chef des Ortsverbands, Markus Walker (22). Die Zielgruppe sind vor allem Jüngere, „grundsätzlich sprechen wir aber alle Altersgruppen an“, sagt Markus Walker. Dies geschieht viel über provokante Wahlplakate, das soziale Netzwerk Facebook und die Kommunikationsplattform Whatsapp.

 

CDU-Fraktionschef: „Ich traue ihnen das zu“

Zieht Die Partei tatsächlich in den Gemeinderat ein, müssen die Etablierten einen Sitz abgeben. „Bei 1500 nötigen Stimmen traue ich ihnen das zu mit ihren sieben Kandidaten“, meint Walter Bauer. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion spricht offen aus, was viele befürchten. Er räumt aber auch ein: „Sie waren in den letzten Monaten fast in jeder Gemeinderatssitzung über Stunden zu zweit oder zu dritt präsent.“ An Wahlkampf-Aktivitäten habe er aber nicht viel beobachtet. Und er fragt: „Was machen die außer Satire, wenn sie einen im Gremium drin haben?“

Außer den Befürchtungen um Die Partei herrscht in Hemmingen keine große Aufregung: Insgesamt treten lediglich zwei der 18 amtierenden Gemeinderäte nicht mehr an, darunter Rüdiger Teufel von der CDU. Die Christdemokraten sind mit derzeit sieben Sitzen die stärkste Fraktion. Der 53-jährige Teufel hält zwei Amtsperioden für genug, ohnehin sei sein Engagement „von vornherein befristet“ gewesen. Er setzt auf Jüngere. „Neue Ideen und Ansichten sind wichtig.“

Besondere Liste der SPD

Bei der SPD kandidieren alle vier Räte wieder. Das Besondere an deren Liste: Vier Bewerber kommen aus einer Familie. Die Rätin Elke Kogler, ihr Ehemann Michael Kogler und die Töchter Christiane Denne sowie Anna Degebrodt. Einziehen dürften alle, sollten sie gewählt werden. Es wäre ein Novum: Laut dem Landratsamt ist es zur Wahl 2019 „erstmals so, dass in allen Kommunen – unabhängig von der Einwohnerzahl – Familienmitglieder gemeinsam in den Gemeinderat eintreten können“, erklärt ein Sprecher auf Anfrage. Dieser „ehemalige Hinderungsgrund für den Eintritt“ sei stufenweise abgeschafft worden, in Abhängigkeit von der Einwohnerzahl der Kommune.

Wer auch immer gewählt wird: Die SPD hofft, dass sie mindestens einen Sitz mehr erhält – zumal sie laut dem Fraktionschef in den achtziger und neunziger Jahren sechs Sitze hatte. In den siebziger Jahren seien es gar eine Zeit lang sieben gewesen, „mehr als die CDU hatte“, sagt Wolfgang Stehmer. Die jetzigen Kandidaten seien „überzeugend“, meint er, zudem bekannter als die Bewerber der vorigen Kommunalwahl. „Wir sind guten Mutes“, sagt der 68-jährige Stehmer. Geht es nach ihm, bleibt er der Fraktionschef.

Einzelkämpferin seit zehn Jahren

Über einen Sitz mehr würde sich auch Barbara von Rotberg freuen. „Das wäre wunderbar“, sagt die 67-Jährige. Sie vertritt seit zehn Jahren die Ansichten der FDP, „vor mir hatten wir mal gar keinen Sitz“, sagt sie. „Sehr engagiert“ sei die „kleine Partei“, gleichwohl fehlt von Rotberg ein Gesprächspartner. „Ich muss mich auf alles selbst vorbereiten. Natürlich tausche ich mich mit anderen aus, doch das Detailwissen aus den Sitzungen haben Parteikollegen nun mal nicht.“

Als amtierende Rätin und langjährige Lehrerin an der örtlichen Grundschule dürfte von Rotberg, deren Mann Bernhard auch antritt, die bekannteste auf der Liste sein. Wegen ihres beruflichen Hintergrunds sind ihr die Themen Erziehung und Bildung besonders wichtig.

„Bin Spitzenkandidat, Wahlkampfmanager und Mädchen für alles“

Auch die Freien Wähler bleiben weitgehend konstant: Fünf von sechs ihrer Gemeinderäte inklusive ihrem langjährigen Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Gerlach kandidieren erneut. „Ich bin Spitzenkandidat, Wahlkampfmanager und Mädchen für alles“, erzählt der 73-Jährige, der zum sechsten Mal antritt.

Die hohe Quote der Wiederbewerber sei „von der menschlichen Seite positiv“, meint Gerlach, „andererseits hilft frisches Blut auch immer.“ Außer ihm hätten drei andere Bewerber 30 oder 35 Jahre Erfahrung als Gemeinderat: Elke Kogler und Wolfgang Stehmer (SPD) sowie Ursula Tronich aus der eigenen Fraktion. Er selbst habe ursprünglich aufhören wollen – ebenso wie etliche Fraktionskollegen. Doch dann seien sie vor Weihnachten bestärkt worden zum Weitermachen, „auch von außen“, sagt Gerlach, und hätten dann alle Ja gesagt – außer Steffen Schmidt. Der 43-Jährige wolle sich künftig stärker dem Beruf und der Familie widmen. Es sei aber nicht einfach gewesen, die Kandidatenliste voll zu bekommen. Jetzt hoffen alle aus der Fraktion, wieder mindestens auf die bisherigen sechs Mandate zu kommen.

Herausforderung Kandidatensuche

Der Hemminger Bürgermeister Thomas Schäfer (CDU) hat an den künftigen Gemeinderat denselben Anspruch wie an den alten: „Er hat die Aufgabe, ein Korrektiv zu sein zur Verwaltung. Diskussionen müssen stattfinden, die Vorschläge aus dem Rathaus sollten nicht nur abgenickt werden“, sagt er. Schäfer staunt wenige Tage vor der Wahl darüber, dass die Briefwahl so hoch ist wie noch nie. „Wir haben schon Umschläge nachdrucken lassen.“ Auch der Rathauschef rechnet damit, dass wohl ein Vertreter von Die Partei ins Gremium einziehen wird.